Gott: „Mir gehört alles Silber und Gold“ Familie Richter:
Wirtschaftskrise und Winnenden ... Gedanken einer Mutter:
Es ist Mittwoch. An diesem Tag gehe ich vormittags immer meinen
Vater im Altenheim besuchen. Er ist froh, wenn ich komme, denn das gibt Abwechslung in seinem doch inzwischen recht eingeschränkten Alltagsleben. Unterwegs treffe ich unsere Tochter Anne-Sophie. Sie hat sich nach der Klassenarbeit vom Unterricht abgemeldet, weil sie sich nicht wohl fühlt. Anne ist im letzten Schuljahr, bevor sie einen Kurzeinsatz in Italien machen möchte. In zwei Wochen soll sie nach Wiedenest zum Vorstellungsgespräch fahren. In den letzten Tagen hat mein Mann Michael schon im Internet nach einer verbilligten Bahnfahrkarte gesucht und auch mitgeboten, aber noch keine erwischt. Ich überlegte schon, wie wir eine bekommen, damit wir für unsere Tochter nicht zu viel für die Fahrt bezahlen müssen. Auf dem Heimweg höre ich im Radio, dass in Winnenden bei Stuttgart ein Amoklauf war. Vermutlich zehn Personen wurden getötet. Der Täter ist auf der Flucht. Zu Hause läuft nun für Stunden das Radio, ich möchte informiert sein, was dort weiter geschieht. Immer wieder kommen mir die Tränen, wenn ich an die verzweifelten Eltern denke, die jetzt versuchen, herauszufinden, wie es ihren Kindern geht. Das Schulzentrum ist bis in den Nachmittag hinein hermetisch abgeriegelt, niemand kommt hinaus oder hinein. Nach und nach kommen unsere Kinder nach Hause. Ich bin dankbar, dass sie alle wieder gesund da sind. Michael kommt zum Mittagessen heim. Er hatte noch nichts von Winnenden gehört und ist schockiert über das, was dort passiert ist. Er betet beim Tischgebet für die Situation und die betroffenen Menschen. Beim Essen erzählt mir Michael, was er heute bei seiner Arbeit in der Heimatzentrale der Deutschen Missionsgemeinschaft erlebt hat. Bei der Morgenandacht fragte einer unserer Kollegen, ob jemand eine freie Fahrkarte gebrauchen kann, er habe eine geschenkt bekommen und könne sie nicht verwenden. Michael meldet sich. Wir haben die Fahrkarte für unsere Anne-Sophie bekommen, ein Geschenk von Gott! Noch etwas ist heute Vormittag vorgefallen: Michael bekam einen Anruf von unserem Spendenbuchhalter. Ob er einen Herrn P. aus S. kenne. Michael kannte den Mann aus einer der Nachbargemeinden seines Heimatortes. Vor ein paar Jahren hat ihn er bei einer Aussendungsfeier in einer anderen Gemeinde getroffen und sie haben miteinander geredet. Nun hören wir, dass Herr P. einen großen Geldbetrag an die DMG gespendet hat – ein Teil davon soll für unseren Lebensunterhalt sein, der andere für eine Missionarsfamilie in Kamerun. Wir freuten uns riesig über die Ermutigung. Wir können nur staunen. Seit wir nicht mehr im Ausland, sondern in der Missionszentrale arbeiten ist unser finanzieller Unterhalt durch unseren persönlichen Freundeskreis stetig gesunken. Immer noch unterstützen uns eine Reihe treuer Freunde. Aber das deckt bei Weitem nicht die Kosten, die die DMG für uns hat. Im Herbst gehen zwei unserer Kinder, Anne und Jonathan in einen Kurzeinsatz ins Ausland. Ich hatte mich schon manches Mal gefragt, wie wohl noch zwei weitere Freundeskreise für unsere Kinder zustande kommen sollten. Heute zeigte uns Gott ganz deutlich: Mir gehört alles Silber und Gold, ich habe alle Mittel und Wege, um für Euch und Eure Kinder zu sorgen! Wechselbad der Gefühle: in Gedanken und beim Radiohören wieder zurück nach Winnenden. Inzwischen sind es 16 Tote, der Täter ist ebenfalls darunter. Notfallseelsorger sind an den Unglücksort gebracht worden. Sicher ist auch unser Freund Walter dabei, der eine spezielle Ausbildung dafür hat. Ich bete, dass er und andere die richtigen Worte und Gesten finden, in dieser schlimmen Krisensituation. Menschen in ganz Deutschland sind erschüttert und fassungslos. Ob sich manche von ihnen auf die Suche nach Gott machen angesichts all des Bösen, das uns umgibt? Gleichzeitig staunen wir über Gott, der uns versorgt und in dessen guter Hand wir uns geborgen wissen.
Heidemarie Richter
Mitarbeiterin im Kurzeinsatzteam der DMG
Heidemarie, arbeitet im Kurzeinsatzteam der DMG mit, Michael in kreativen Belangen, der Hausbetriebstechnik und Jugendmotivation.