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10.08.09
für Ihr og. Schreiben dürfen wir uns bedanken und hierzu wie folgt Stellung nehmen:
Grundsätzlich begrüßen wir, dass Ihre Initiative sich in die kommunale Politik einmischt und
dabei entsprechende Forderungen zugunsten der Betroffenen formuliert.
Wir bedauern, dass Sie nicht am Runden Tisch zur Armutsbekämpfung beteiligt worden sind.
Es ist aus unserer Sicht zweifellos sinnvoll, dass Sie an künftigen Treffen beteiligt und Ihnen
zudem die bisherigen Arbeitsergebnisse vorgelegt werden. Eine entsprechende Anfrage von
Ihrer Seite würde durch uns unterstützt.
Hinsichtlich Ihrer Forderungen ist anzumerken, dass sie sich an unterschiedliche staatliche
Ebenen richten. Hierauf werden wir jeweils in unserer Antwort auf Ihre Fragen hinweisen.
Sofern entsprechende Möglichkeiten bestehen, werden wir unsere Positionen in den von
Ihnen angesprochenen Fragen auf allen politischen Einflussebenen inkl. des Deutschen
Städtetages einbringen. Dabei betonen wir, dass uns die inhaltliche Auseinandersetzung mit
Ihnen wichtiger ist als eine hundertprozentige Übereinstimmung mit jeder Ihrer Forderungen.
Grundsätzlich setzen wir uns mit unserer Forderung nach einem Green New Deal vor allem
für die Schaffung von mehr zukunftsorientierten Arbeitsplätzen ein (Bundestagswahlpro-
gramm ‚Der neue grüne Gesellschaftsvertrag’, S.16 und Kapitel Anders Wirtschaften, S. 24f.):
„Mit unserem Green New Deal schaffen wir ein stabiles Fundament für wirtschaftlichen
Aufschwung, von dem alle profitieren. Wir wollen nicht weniger als eine neue industrielle
Revolution einleiten und eine Million neuer Arbeitsplätze in Deutschland schaffen.“ (S. 16)
Ihre Forderung nach „Abschaffung der Hartz4-Gesetze und ihrer Zwangsmittel“ ist ein
Bundesthema. Bündnis 90/DIE GRÜNEN haben die Hartz-Reformen im Bundestag
mitgetragen. Die Grünen in NRW waren in Hinblick auf diese Reformen immer skeptisch;
nach einiger Zeit hat aber auch die Bundespartei eine äußerst kritische Bewertung
vorgenommen, u.a. auf unserem Nürnberger Bundesparteitag 2007. Richtig bleiben die
Einbeziehung der ehemaligen SozialhilfeempfängerInnen in die Arbeitsmarktförderung, der
Ansatz der fachübergreifenden Hilfe und das Fallmanagements. Unsere kritische Position
wird in unserem Bundestagswahlprogramm ‚Der neue grüne Gesellschaftsvertrag’ im Kapitel
‚Anders wirtschaften’ deutlich, wo es heißt (S. 28):
„Wir wollen Gerechtigkeit: die gerechte Verteilung des gesellschaftlichen Wohlstands und die
Chance jedes einzelnen auf Teilhabe. Dazu gehört auch, dass die Hartz IV-Regelsätze für alle
Erwachsenen sofort auf zunächst 420 Euro angehoben werden. Die Regelsätze für Kinder und
Jugendliche wollen wir auf eine neue Berechnungsgrundlage stellen, die ihre tatsächlichen
Bedarfe berücksichtigt und sie ebenfalls sofort anheben.“
Ihrer Forderung nach Arbeit fair teilen ist wieder Bundessache. Inhaltlich stimmen wir voll
zu, wichtig ist uns dabei auch die Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern.
Ihre Forderung nach einem Verbot von Leiharbeit können wir nicht zustimmen, wir wollen
sie jedoch anders regulieren und fordern in unserem grünen Bundestagswahlprogramm auch
mehr Mitbestimmung:
„Betriebsräte müssen ein zwingendes Mitbestimmungsrecht beim Interessenausgleich
erhalten und über den Einsatz von Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern
mitbestimmen können.“
Ihrer Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn von 15 Euro (Begründung: Brutto-
Mindestlöhne wesentlich unter diesem Betrag bedeuten nichts anderes als eine
Legalisierung von Hartz 4 mittels Tarifvertrag) möchten wir eine pragmatische
durchsetzbare Größe entgegenstellen: Wir haben uns der Forderung der DGB-Gewerkschaften
angeschlossen und fordern einen gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 7,50 € pro Stunde.
Höhere Mindestlöhne einzelner Branchen sollen davon unberührt bleiben, und der
Mindestlohn soll jährlich durch eine Kommission nach britischem Vorbild überprüft und
angepasst werden. Das Herforder Kreiswahlprogramm sagt hierzu (S. 9):
Ihre Forderung nach Wiederbelebung des „Wittekindpasses“ mit freier Fahrt für Bus und
Bahn, freiem Eintritt in Stadtbibliothek, Theater, Schwimmbad wird von uns
grundsätzlich mit der Maßgabe einer finanziellen Machbarkeit unterstützt. Wir werden
ausgehend von der Informationssammlung durch Maßarbeit politische Initiativen in diesem
Sinne entwickeln und vorantreiben; in unserem Kreiswahlprogramm (S. 9f.) fordern wir zur
besseren kreisweiten Nutzung eine Koordinierung durch den Kreis.
In Hinblick auf Ihre Aussage bzw. Forderung, „Sanktionen der ARGE treffen die
Menschen in ihrem Existenzminimum. Sie sind deshalb grundgesetzwidrig. Bei vom
Gesetz vorgeschriebenen Sanktionen muss das Sozialamt einspringen.“ verweisen wir auf
unsere obige Stellungnahme zur bundesgesetzlichen Erreichbarkeitsanordnung. Im Rahmen
der gegenwärtig geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen gibt es auf kommunaler Ebene
keine Handlungsmöglichkeiten; ein Ausgleich der sanktionsbedingten Minderauszahlungen
der ARGE durch kompensierende Leistungen des kommunalen Sozialamtes ist rechtlich nicht
zulässig.
Ihrer Forderung nach „Keine Ein-Euro-Jobs in der Stadt Herford!“ ist differenziert zu
betrachten. Einen Zwang zu einer solchen Tätigkeit wird von uns äußerst kritisch gesehen; er
gehört aber zZ. zu den bundesrechtlich zulässigen Instrumenten (s. unsere og.
Stellungnahmen zu Ihren auf die Bundespolitik gerichteten Fragen). Für wichtig und sinnvoll
halten wir allerdings ein ausreichendes freiwilliges Angebot von Tätigkeiten in verschiedenen
Arbeitsfeldern; daraus können gute Möglichkeiten für längerfristig arbeitslose Menschen
entstehen, wieder Kontakt zur Arbeitswelt, einem geregelten Tagesablauf und insbesondere
zum Erleben eigener Fähigkeiten zu bekommen. Wir werden politische Initiativen in diesem
Sinne in Richtung ARGE/Stadt Herford entwickeln. In unserem Wahlprogramm für die Stadt
Herford haben wir ausdrücklich aufgenommen (S. 13), dass wir weitere Anstrengungen zur
Schaffung von Arbeitsplätzen für langzeitarbeitslose Mensche erwarten.
Ihrer Forderung „Keine Aufträge der Stadt an Firmen, die elementare Sozialstandards
verletzen!“ stimmen wir grundsätzlich zu. Hier ist allerdings zu prüfen, welche rechtlichen
Handlungsmöglichkeiten im Rahmen kommunaler Vergabe von Aufträgen bestehen.
Ihre Forderung „Keine Aufträge der Stadt und Kreis an Firmen, die Leiharbeiter
beschäftigen oder Praktikanten schamlos ausnutzen.“ möchten wir differenziert
betrachten, denn wir lehnen den Einsatz von LeiharbeiterInnen und PraktikantInnen unter
geregelten Bedingungen nicht ab. Wenn Sie Praktiken des “schamlosen Ausnutzens“ von
PraktikantInnen beobachten sollten, bitten wir Sie, uns die entsprechende Informationen zu
übergeben, damit wir die politischen Handlungsmöglichkeiten prüfen können.
Ihre Forderung nach „Mehr und besser ausgebildetes Personal im Empfangsbereich und
in der Leistungsabteilung der ARGE. Wahrnehmung der Beratungspflicht durch die
Fallmanager.“ unterstützen wir uneingeschränkt, verweisen jedoch auch hier darauf, dass für
die erforderlichen Mittel die Bundesebene zuständig ist. In unserem Kreiswahlprogramm
fordern wir eine bürgernähere und menschlichere Arbeit der ARGE, auch mit besseren
Arbeitsbedingungen für die dort Beschäftigten (S. 10).
Über ihre Forderungen hinaus fordern wir auf Kreisebene eine zentrale Anlaufstelle
(Ombudsfrau/-mann) für alle BezieherInnen von Hilfeleistungen (S. 10).
Wir hoffen, dass wir Ihnen mit unserer Stellungnahme einen ersten Überblick über die
GRÜNE Programmatik in diesem Sachbereich geben konnten. Ergänzend empfehlen wir
Ihnen die Lektüre der beigefügten Programme und Beschlüsse.
Anlagen:
Bundestagswahlprogramm 2009
Nürnberger Beschluss im Rahmen des Bundesparteitages 2007
Kreiswahlprogramm 2009
Programm für Herford 2009