Você está na página 1de 21

Universität Leipzig

Institut Philosophie
SS 09
Modul: Sprachphilosophie
Dozent: Geert-Lueke Lueken

Hat Stirner Feuerbach


missverstanden?
Am Beispiel der Diskussion des Gottesbegriff

Autoren: Susann Bonin, Stefanie Täuber & Roger Vogel


Inhaltsverzeichnis

Einleitung: ........................................................................................................... 3
Gott - transzendent oder real? ............................................................................ 4
Max Stirner: „Das Einzige und sein Eigentum“ ................................................... 9
Über Ludwig Feuerbachs Sprachtheorie .......................................................... 14
Schluss: ............................................................................................................ 19
Literaturverzeichnis: ......................................................................................... 21

2
Einleitung:
Ein Thema das Philosophen seit je her beschäftigt hat, ist zweifelsohne der
Gottesbegriff. Schon Immanuel Kant befasste sich im 18. Jahrhundert mit der
Gottesfrage und machte darauf aufmerksam, dass die bisherigen
1
Gottesbeweise nicht tragfähig sind. In seinen weiteren Betrachtungen
unterschied er in Praktische Vernunft, die einen Gott durchaus zulässt, nämlich
als Grundlage der Moral und in die Theoretische Vernunft, die Gott als
Transzendentalie betrachtet. D.h. es ist nicht möglich darüber irgendetwas zu
sagen, außer das es unseren Erfahrungshorizont übersteigt.
Mit Ludwig Feuerbach, der zwei Jahre nach dem Tod Kants geboren wurde,
betritt ein weiterer Kritiker, des zu dieser Zeit Verwendung findenden
Gottesbegriffs die Bühne. Sein Ansatz geht auf die Beobachtung der Benutzung
des Begriffs zurück. Denn nach seiner Ansicht stellt der Gebrauch des
Gottesbegriffs nicht mehr eine transzendente Idee dar, sondern eine
Kombination aus dem übersinnlichen Begriff ‚Gott‘ und angestrebten optimalen
Eigenschaften des Menschen.
Um dies zu zeigen bedient sich Feuerbach einer sprachphilosophischen
Argumentation, die unter anderem von Hegel beeinflusst ist, sich aber später
von diesem abhebt. Es soll nun untersucht werden, wie seine Sprachtheorie
aussieht und in welcher Form dies durch die Argumentation zum Gottesbegriff
deutlich wird. Diese Argumentation wird allerdings schon zu Lebzeiten
Feuerbachs durch Max Stirner in Frage gestellt.
Im Zusammenhang mit Stirners Kritik, soll diese wiederum an aktuellen
sprachphilosophischen Erkenntnissen überprüft werden. Da es durchaus sein
kann, dass die Kritik zur Zeit Feuerbachs berechtigt war, aber in heutiger Zeit
etwas an Biss verloren haben könnte. Zu diesem Zweck wird das Werk von
Hans Julius Schneider „Pragmatik als Basis von Semantik und Syntax“ diese
Untersuchung einrahmen.

1
Kant, Immanuel: Der einzig mögliche Beweisgrund zu einer Demonstration des Daseins Gottes. Hamburg: Meiner
Felix Verlag GmbH, 1995, S. 26
3
Gott - transzendent oder real?
Ludwig Feuerbachs (1804 – 1872) Schriftsatz „Das Wesen des Christentums“
erschien 1841. Darin setzt er sich unter anderem mit der Frage auseinander, ob
Gott ein transzendentes oder reales Wesen ist. Handelt es sich bei Gott also
um einen Gegenstand des Denkens, um etwas was weder Eigenschaften hat
noch innerhalb unserer Wahrnehmung ist (transzendent) oder aber um ein
menschliches Wesen mit dementsprechenden Eigenschaften (real). Auch
andere Philosophen, unter anderem Friedrich Nietzsche (1844 – 1900; „Gott ist
tot“), haben sich mit diesem Thema beschäftigt. Bei der Ontologie handelt es
sich um die Lehre vom Sein. Man nimmt etwas als gegeben hin, hinterfragt es
nicht, sondern akzeptiert es so wie es ist. Die Menschen allerdings schreiben
Gott verschiedene Eigenschaften zu, welche sie selber nicht besitzen / haben,
zum Beispiel die Vollkommenheit und Allmächtigkeit. Sie nehmen Gott nicht als
gegeben hin, sondern “basteln“ ihn sich nach ihren Vorstellungen und
Wünschen zusammen. Bereits im Vorwort wird auf die Frage, ob es sich bei
Gott um ein transzendentes oder reales Wesen handelt, eingegangen, indem
2
gesagt wird: „Gott ist Mensch der Mensch Gott“ . Allerdings stammt diese
Aussage nicht von Feuerbach selbst, sondern aus der Religion. Hier stellt sich
mir allerdings die Frage, warum die Religion Gott zum Menschen erniedrigt und
den Menschen zu Gott erhöht. Die Antwort gibt Feuerbach, denn wenn Gott als
Gott gedacht würde, bedeutet dies, dass er nicht menschlich, nicht endlich,
nicht materiell bestimmbar, nicht sinnlich ist, sondern ein Gegenstand des
3
Denkens darstellt . Individualität und Leiblichkeit bedingen einander, beim
unendlichen Geist handelt es sich allerdings um eine abgesonderte Intelligenz 4.
Mit seinem Buch untermauert Feuerbach die These, dass Gott ein
menschliches Wesen ist und bezieht unterstützend die Aussagen der Religion
mit ein. Das Ziel der Religion ist es, zu zeigen, das es sich bei Gott um einen
Menschen handelt. Dieses Ziel erreichte sie auch mit der Menschwerdung
Gottes, indem Gott seinen Sohn Jesus auf die Welt geschickt hat in der Gestalt
eines menschlichen Wesens. Auch nach der Himmelfahrt Christus bleibt dieser
Mensch von Herzen und Gestalt, auch wenn sein Körper nicht mehr unter uns

2
Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Hrsg. von Werner Schuffenhauer. Berlin: Akademie Verlag, 1984,
S
.3 Vgl. Feuerbach: A.a.O., S. 79
4
1 Vgl. Feuerbach: A.a.O., S. 79, 152
7 4
weilt5. Weiterhin sagt Feuerbach, dass Gott „die als das höchste Wesen sich
aussprechende, sich bejahende Vernunft“ 6 ist. Die Vernunft bleibt aber nicht bei
den sinnlichen Wesen und Dingen stehen, sie ist erst befriedigt, wenn sie bis
auf das höchste, notwendige, nur der Vernunft gegenständliche Wesen
zurückgeht 7 . „Die in sich selbst befriedigte, die sich als absolutes Wesen
denkende Intelligenz ist Gott als metaphysisches Wesen“ 8. Allerdings kann die
Vernunft „nur an einen mit ihrem Wesen übereinstimmenden Gott glauben, an
einen Gott, der nicht unter ihrer eignen Würde ist, der vielmehr nur ihr eignes
Wesen realisiert“ 9. Dies bedeutet, dass die Vernunft nur an sich selber glaubt.
Somit ist Gott von der Vernunft abhängig. Was der Verstand als das Höchste
denkt, ist Gott 10. Der reale Mensch hat seine Schwächen, Gott ist vollkommen:
„Unsre positiven, wesenhaften Eigenschaften, unsre Realitäten sind also die
11
Realitäten Gottes, aber in uns sind sie mit, in Gott ohne Schranken“ . Die
Vollkommenheit Gottes ist von Vorteil für die Menschen, denn:

„die Vorstellung des moralisch vollkommnen Wesens ist keine nur theoretische,
friedliche, sondern zugleich praktische, zur Handlung, zur Nacheiferung
auffordernde, mich in Spannung, Differenz, Zwiespalt mit mir selbst
versetzende Vorstellung; denn indem sie mir zuruft, was ich sein soll, sagt sie
mir zugleich ohne alle Schmeichelei ins Gesicht, was ich nicht bin“12.

Gott zeigt uns, wie der perfekte Mensch auszusehen hat. Allerdings gestaltet es
sich für „normale“ Menschen als recht schwierig, dies in die Tat umzusetzen, da
wir nicht unfehlbar sind, zu Fehlern neigen und auch nicht immer ehrlich sind.
Zum Beispiel wenn man zu spät in die Schule / auf Arbeit kommt, weil man
verschlafen hat, wendet man eine Notlüge an, aus Angst vor den
Konsequenzen. Anstatt die Wahrheit zu sagen („Ich habe verschlafen“) lügt
man, dass die Bahn einen Unfall hatte. Feuerbach sagt, dass Gott kein
anatomisches, aber ein psychisches menschliches Herz hat13. Denn:

5
Vgl. Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Hrsg. von Werner Schuffenhauer. Berlin: Akademie Verlag,
1984, S. 256
6
Feuerbach: A.a.O., S. 80
7
Vgl. Feuerbach: A.a.O., S. 80
8
Feuerbach: A.a.O., S. 81
9
Feuerbach: A.a.O., S. 81 - 82
10
Vgl. Feuerbach: A.a.O., S. 82
11
Feuerbach: A.a.O., S. 82
12
Feuerbach: A.a.O., S. 97
13
Vgl. Feuerbach: A.a.O., S. 112
5
„inwiefern Gott den Menschen liebt, Gott an den Menschen denkt, Gott für den
Menschen fürsorgt, ist er schon Mensch; Gott begibt [sich] schon in sich seiner
Gottheit, entäußert, anthropomorphiert sich, indem er liebt“14.

Bei den Anthropomorphismen handelt es sich um Ähnlichkeiten, die zwischen


Gott und dem Menschen bestehen. Die „Bestimmungen des göttlichen und
menschlichen Wesens sind nicht dieselben, aber sie ähneln sich gegenseitig“ 15.
Dieser Unterschied ist auch notwendig, da man sonst nicht zwischen Gott und
dem Menschen differenzieren kann. Und auch Chrysipp sagte schon:

„Es kann keinen Gegensatz geben, dem nichts entgegengesetzt ist. Wie könnte
man Tapferkeit erkennen, wenn auf der anderen Seite nicht die Feigheit
stünde“16.

Nach Feuerbach handelt es sich bei Gott eindeutig um eine Prädikation, da


man Gott menschliche Eigenschaften zuschreibt. Dies kann man auch als eine
logische Form einfacher Sätze darstellen, welche wie folgt aussieht:

f(x)

Gott leidet ist ein einfacher Subjekt- Prädikatsatz, welcher sich aus einem
Funktionsausdruck f („…leidet“) und einem bestimmten Argumentausdruck x
(„Gott“) zusammensetzt. Dadurch kann man einfache Sätze dieser Art als
zweigliedrige Ausdrücke
darstellen:
Gott – leidet

Der Subjektausdruck folgt auf den Prädikatausdruck:

Leidet (Gott).

Die Menschen können nur an etwas glauben, dass ihnen auf eine gewisse Art
und Weise ähnlich ist. An etwas oder jemand, was in der Lage ist zu lieben,
mitzufühlen und zu leiden:

14
Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Hrsg. von Werner Schuffenhauer. Berlin: Akademie Verlag, 1984,
S. 106
15
Feuerbach: A.a.O., S. 372
16
Weinkauf, Wolfgang: Die Philosophie der Stoa. Stuttgart: Philipp Reclam jun. GmbH & Co, 2001, S. 132
6
„Der empfindende, gefühlvolle Mensch glaubt an einen empfindenden,
gefühlvollen Gott. Dem empfindungsvollen Menschen ist ein empfindungsloser
Gott ein leerer, toter, abstrakter, negativer Gott, weil ihm das fehlt, was dem
Menschen wert und heilig ist“17.

Wie bereits zu Beginn meiner Hausarbeit erwähnt, nehmen die Menschen Gott
nicht als gegeben hin. Bei den Sakramenten sieht das aber ganz anders aus.
Sie werden so hingenommen wie sie sind, was unter anderem auch mit der
Tradition erklärt werden kann. Dies betrifft zum Beispiel das Taufwasser bei der
Taufe. Hierbei handelt es sich um ganz natürliches Wasser, allerdings hat
dieses eine „hyperphysische Kraft und Bedeutung: Es ist das lavacrum
regenerationis [Bad der Wiedergeburt], reinigt den Menschen vom Schmutze
18
der Erbsünde, treibt den angebornen Teufel aus, versöhnt mit Gott“ . Der
Glaube an die Religion und an Gott hat in den letzten Jahren stark an
Mitgliedern verloren. Grund ist unsere verstärkt materialistische Gesellschaft,
die unser Streben mehr und mehr auf weltliche Dinge lenkt, auf Besitz und /
oder Ansehen. Aber auch die Industrialisierung mit der Entwicklung von
Wissenschaft und Technik haben dazu beigetragen. Denn die Menschen
wissen um die Gründe von Naturereignissen. Diese können sie sich nun mithilfe
der Wissenschaft erklären und schreiben diese Ereignisse nicht mehr Gott zu.
In Unglückssituationen allerdings wenden sich Menschen verstärkt wieder an
Gott zurück und bitten um seine Mithilfe, um Verbesserung der unglücklichen
Situation. Der Mensch sehnt sich dann nach Vertrauten, Gott bietet ihnen den
Halt, den sie suchen. In diesen Momenten hofft man ganz stark, dass Gott doch
eine Art übernatürliche Wirkung hat, indem er den geäußerten Wunsch erfüllt.
Im Werk „Das Wesen des Christentums“ von Ludwig Feuerbach handelt es sich
um eine Kritik an der Religion bzw. genauer um eine Kritik am Menschen, wie
dieser die Religion versteht und ausführt. Die Menschen haben Gott durch die
Zuschreibung von verschiedenen Wünschen zu einem Überwesen gemacht.
Der Mensch ist unvollkommen und endlich. Unvollkommen, weil er immer mal
zur Sünde neigt. Und endlich, weil es irgendwann mal mit dem Leben eines
Menschen zu Ende geht, aufgrund der gesundheitlichen Situation verbunden
mit einem hohen Alter oder verursacht durch einen Unfall. Aus diesem Grund
sehnt er sich nach einem Wesen, das vollkommen und allmächtig ist sowie frei

17
Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Hrsg. von Werner Schuffenhauer. Berlin: Akademie Verlag, 1984,
S. 128
18
Feuerbach: A.a.O., S. 394
7
von Fehlern und Sünde. Ein Wesen, welches für immer lebt, mit dem es nie zu
Ende geht. Und bei diesem Wesen handelt es sich um Gott. Dadurch erweckt
Gott im Menschen das Bild von Unsterblichkeit. Allerdings bezieht sich die
Unsterblichkeit auf die Seele, denn der Körper geht nach dem Tod, wie bei
jedem anderen Menschen auch, verloren. Was bleibt ist einzig und alleine die
Seele. Auch sind die Menschen teilweise mit der gegebenen Situation auf
Erden nicht zufrieden, da Krieg und Ungerechtigkeit herrschen und sie hoffen
nun, dass Gott ihnen in dieser schweren Situation unterstützend zur Seite steht.
Sie haben sich dadurch ein Wesen geschaffen, welches sie um Hilfe bitten und
bei welchem sie sich für ihre Sünden entschuldigen können. Dies erweckt den
Eindruck, dass nicht Gott die Menschen erschaffen hat, sondern umgekehrt der
Mensch den Gott. Feuerbach hat gezeigt, dass es sich bei Gott um ein
menschliches Wesen handelt, da er menschliche Eigenschaften hat. Denn
wenn Gott etwas Übernatürliches wäre, würden die Menschen nicht an ihn
glauben, da ihnen der Bezug dazu fehlt. Etwas, was übernatürlich ist, erscheint
ihnen suspekt. Menschen glauben in aller Regel auch nicht an Geister und
Gespenster. Dies ist auch der Grund, weshalb die Religion Gott als Mensch
erklärt. Denn ansonsten würde niemand mehr an das Bestehen von Gott als
Gott (etwas Übernatürliches) glauben. Allerdings will Feuerbach die Religion
entmythologisieren. Die Menschen haben Gott zu einem Überwesen gemacht,
was die Religion nie angestrebt hat. Für Feuerbach und die Religion ist Gott ein
menschliches, vollkommenes Wesen. Aber Gott war vor dem Menschen da, die
Menschen existieren nur, weil Gott sie erschaffen hat. Die Menschen schreiben
aber Gott verschiedene Eigenschaften zu, stellen ihn so dar, als hätten sie ihn
erschaffen. Auch denken viele Menschen, dass sie einen persönlichen Gott
haben, welcher sie beschützt. Aber es gibt nur einen Gott, welcher sich um alle
gläubigen Menschen kümmert. Das Christentum soll nicht mehr einen so
großen Stellenwert im Leben der Menschen einnehmen, die Menschen sollen
wieder anfangen selbst zu denken und sich nicht auf das verlassen, was ihnen
andere sagen und empfehlen. Letztendlich führt Ludwig Feuerbach das Werk
von Immanuel Kant (1724 – 1804) fort. Die Menschen sollen eben ihren
eigenen Verstand benutzen.

8
Max Stirner: „Das Einzige und sein Eigentum“
Johann Caspar Schmidt, häufiger bekannt unter dem Pseudonym Max Stirner,
lebte von 1806 bis 1856, fungierte als deutscher Philosoph und Journalist und
war ein erbarmungsloser Religionskritiker und Nihilist. Er wurde in Bayreuth
geboren und lebte größten teils in Berlin. Seine Philosophie war sehr
praxisgebunden. Im Jahre 1845 veröffentlichte er dann sein Hauptwerk „Das
Einzige und sein Eigentum“, welches eine Gelegenheitsarbeit von ihm darstellte
und somit nur schlecht von ihm strukturiert worden ist, da die Kapitelteilung
nicht ganz günstig und logisch gewählt wurde. Es stellt eine Kritik an Bruno
Bauer und Ludwig Feuerbach dar und richtet sich gegen deren Philosophie der
Tat und deren atheistischen Aufklärung. Aufgebaut ist dieses Werk aus einem
kurzen Prolog und zwei gleichgroßen Abteilungen. Es beginnt mit der schwer
verständlichen Vorbemerkung „Ich hab‘ Mein Sach‘ auf Nichts gestellt“, welche
an Goethes Gedicht „Vanita“ gelehnt ist und was als ironischer Untertitel an
seine zweite Ehefrau Marie Dähnhardt zu verstehen ist. Die beiden heirateten
1843, aber deren Eheschließung hielt nur drei Jahre, da sich seine Frau der
Welle der Emanzipation anschloss, um ein den Männern ebenbürtiges Leben
zu führen. Nach ihrer Trennung ging sie nach England um dort einer
katholischen Kirche beizutreten. Daher vermuten viele Wissenschaftler und
Theologen eine bitter-sarkastische Anspielung der Widmung an Marie im
Prolog. Es enthält viele rhetorische Mittel, ist sehr umschweifend geschrieben
und wird daher zu Recht als „rhetorisches Feuerwerk“ bezeichnet. Doch spielen
gerade diese zwei Seiten für unsere sprachphilosophische Herangehensweise
und die Problematik des Gottesbegriffs eine enorme Rolle, da sie sich mit dem
Sinn des Lebens und der Religionskritik befassen. So sagt Stirner, dass die
Gesellschaft, und damit auch Feuerbach, vom Einzelnen nur „ihre“ Sache
abverlangen und das Individuum sich nicht seiner Sache zuwenden darf, ohne
egoistisch zu handeln.

„Nur Meine Sache soll niemals Meine Sache sein. >Pfui über den Egoisten, der nur an
19
sich denkt!<“

19
Stirner, Max: Das Einzige und sein Eigentum, 1. Digitalauflage Berlin, 2002, S. 3
9
Dabei schreibt er demonstrativ die Personalpronomen groß, um auszudrücken,
dass er sich doch eigentlich – wie alle Anderen auch - um seine
Angelegenheiten kümmern müsse. Nur Gott dürfe egoistisch handeln, da er,
20
nicht wie die Menschen, keiner „höheren Sache“ dienen muss. Die Menschen
sind der Sache Gottes berufen, da sie nicht „alles in allem“ darstellen und
Gottes Sache ist Wahrheit und Liebe, was er gleichzeitig auch verkörpert. Er ist
nur auf sich bedacht und die Menschen müssen es ihm Recht machen, um
niemals Gott zu missfallen.

„Gott und die Menschheit haben ihre Sache auf Nichts gestellt, auf nichts als auf Sich.“21

Stirner kommt für sich zu dem Entschluss, dass jeder Mensch doch nur
egozentrisch handelt und handeln sollte und dass jeder sich um seine Sache
kümmern sollte.

„ Das Göttliche ist Gottes Sache, das Menschliche Sache >des Menschen<. Meine
Sache ist weder das Göttliche noch das Menschliche, ist nicht das Wahre, Gute, Rechte,
Freie usw., sondern allein das Meinige, und sie ist keine allgemeine, sondern ist – einzig,
wie Ich einzig bin.“22

Und endet wieder mit einem Goethe Zitat:

„Mir geht nichts über Mich!“23

Die erste Abteilung fokussiert das höchste Wesen, den Menschen, und richtet
sich gleich mit zwei wichtigen Zitaten seiner Kontrahenten, nämlich „Der
Mensch ist dem Menschen das höchste Wesen.“(Feuerbach) und „Der Mensch
ist nun erst gefunden.“ (Bauer) an deren beider Auffassungen. Stirner legt
deren Standpunkt dar und kritisiert diesen, in dem er dem Leser verdeutlicht,
dass Feuerbach und Bauer mit ihren Ansätzen zwar nicht ganz Unrecht haben
und erkennt auch deren atheistische Aufklärung an, doch kann er sich nicht
komplett damit anfreunden .

20
Stirner, Max: Das Einzige und sein Eigentum, 1. Digitalauflage Berlin, 2002, S. 3
21
Stirner: A.a.O., S. 3
22
Stirner: A.a.O., S. 3
23
Stirner: A.a.O., S. 3
10
Hauptsächlich thematisiert Stirner Feuerbachs Schöpfungsbegriff, aus dem sein
Judentum- und Gottesverständnis abgelesen werden kann. Im Gegensatz zum
christlichen Schöpfungsbegriff ist der jüdische Schöpfungsbegriff mit dem
24
Prinzip der Nützlichkeit verbunden, und nicht mit dem der Subjektivität.
Entgegengesetzt der christlichen anthropologischen Einsichten hebt das
Judentum die Äußerlichkeit und Verkörperung Gottes hervor.

„Die Schöpfungslehre dient als Grundlage für die anthropologische Wiederaneignung der
Religion.“25

In Ludwig Feuerbachs Werk „Das Wesen des Christentums“ von 1841 besagt
er, dass alle religiösen Inhalte samt Gott psychologische Projektionen sind,
verbunden mit Phantasie. Auch geht daraus hervor, dass Feuerbach mitteilen
will dass wir unser eigenes Wesen nur verkannt hätten und darum es im
Jenseits gesucht hätten. Doch da die Menschen jetzt einsähen, dass Gott nur
unser menschliches Wesen sei, müsse man es aus dem Jenseits in Diesseits
zurück holen. 26 Denn bei Feuerbach entspricht Gott „unser Wesen“ und genau
das kritisiert Stirner, da wir mit dieser Annahme uns mit unserem Wesen in
einen Gegensatz und nicht in einem Einklang bringen würden. „Mit der Kraft der
Verzweiflung“, so Stirner weiter, „greift Feuerbach nach dem gesamten Inhalt
des Christentums“, um es und das Jenseits an sich zu reißen. Stirner wirft
Feuerbach nur Argumentationen unter Verzweiflung vor und kritisiert diese.
Dann fasst Stirner noch einmal den entscheidenden Unterschied zu Feuerbach
zusammen:

„Das Wesen des Menschen ist des Menschen höchstes Wesen; das höchste Wesen wird
nun zwar von der Religion als Gott genannt und als ein gegenständliches Wesen
betrachtet, in Wahrheit aber ist es nur des Menschen eignes Wesen, und deshalb ist der
Wendepunkt der Weltgeschichte der, daß fortan dem Menschen nicht mehr Gott als Gott,
sondern der Mensch als Gott erscheinen soll.“27

24
Internationale Gesellschaft der Feuerbach-Forscher, Ursula Reitemeyer, Societas ad studia de hominis condicione
colenda, Münster, 2008, S. 11
25
Internationale Gesellschaft der Feuerbach-Forscher: A.a.O., S. 11
26
Stirner, Max: Das Einzige und sein Eigentum, 1. Digitalauflage Berlin, 2002, S. 16
27
Stirner: A.a.O., S. 17
11
Stirner streitet hierbei nicht komplett ab und erwidert, dass es egal sei, ob wir
Gott beziehungsweise das höchste Wesen, also das Wesen des Menschen, als
ein Äußeres oder ein in uns Wohnendes ansehen, denn es sei ja nur das
Wesen des Menschen und nicht der Mensch selbst.

„Ich bin weder Gott, noch der Mensch, weder das höchste Wesen, noch mein Wesen,
und darum ist’s in der Hauptsache einerlei, ob ich das Wesen in mir oder außer mir
denke.“28

Im Späteren legt er Feuerbachs Definition von der umgekehrten, spekulativen


Philosophie dar, nämlich dass wenn man „immer das Prädikat zum Subjekt, und
so das Subjekt zum Objekt und Prinzip mache, man die unverhüllte […]
Wahrheit bekäme.“29 Das würde laut Stirner jedoch wieder bedeuten, dass Gott
am religiösen Standpunkt verliere, da aus dem Subjekt „Gott“ nur ein Prädikat
„göttlich“ werden würde. Feuerbach stellt also lediglich Subjekt und Prädikat um
und zweifelt damit an, dass Gott nicht die Hauptsache ist, sondern das
Göttliche.30 „Feuerbach meint, wenn er das Göttliche vermenschliche, so habe
er die Wahrheit.“31 Doch Stirner ist der Auffassung dass nur die Eigenschaften
und der Eigentum der Menschen gelten, nicht deren Geist.

In der zweiten Abteilung geht es einzig und allein um das „Ich“. Stirner versucht
sich in diesem Abschnitt von der „atheistischen Frömmigkeit“ Feuerbachs zu
differenzieren und bringt in diesem sehr theoretischen Teil viele Argumente zum
„Eigen“ der Menschen, was sich nicht leicht durchschauen lässt, da Stirner
oftmals die Begriffe „Eigner“, „Einziger“, „Einzelner“ und „Egoist“ ähnlich
beziehungsweise gleich an den Leser verkauft.

28
Stirner, Max: Das Einzige und sein Eigentum, 1. Digitalauflage Berlin, 2002, S. 17
29
Stirner: A.a.O., S. 25
30
Stirner: A.a.O., S. 30
31
Stirner: A.a.O., S. 90
12
Feuerbach sieht unter dem Begriff „Mensch“ nur eine Gattung, nicht aber das
einzelne Ich. Laut ihm könne sich das Individuum nur über Gesetze, aber
niemals über eine Gattung erheben und könne sich somit nicht mit der
Menschheit vereinen, da er nur als Einzelner handelt.32 Man kann sagen dass
Feuerbach Gott beziehungsweise die Religion als das „aus dem Menschen
gezogene Menschliche“ im Jenseits beschreibt und somit als „Gott sein eigenes
Dasein führe.“ 33

32
Stirner, Max: Das Einzige und sein Eigentum, 1. Digitalauflage Berlin, 2002, S. 95
33
Stirner: A.a.O., S. 128
13
Über Ludwig Feuerbachs Sprachtheorie
Wie sich bei der Recherche gezeigt hat, ist es schwierig, Äußerungen von
Feuerbach zu finden, die sich direkt auf eine Sprachtheorie beziehen. Aus
diesem Grund werden indirekte Beweise und sekundär Literatur unumgänglich
sein.
Ein erster Verweis auf seine Einstellung zur Sprache lässt sich in seiner
Dissertation „Über die eine, allgemeine, unendliche Vernunft.“ finden. Eine erste
Unterscheidung von Denken und Sprache wird wie folgt deutlich: „Sofern ich
denke, höre ich auf, Individuum zu sein. Denken ist daher dasselbe wie
Allgemeinsein.“ 34 , dies setzt er fort: „Natürlich drückt das Wort immer etwas
35
Allgemeines aus. Der Sinneseindruck indes ist jeweils ein einzelner.“ . Daraus
ergibt sich, dass zwar eine Äußerung über einen Sinneseindruck übermittelt
werden kann, der jeweilige Sinneseindruck hingegen verbleibt bei dem Sender.
Dies lässt den Schluss zu, es handle sich hier um eine Abbildtheorie. Diese
umschreibt Schneider wie folgt:

„Die Welt bildet sich im Bewußtsein ab, und dieses wiederum in der Sprache. So
aufgefaßt, ermöglicht erst dieser Abbildungszusammenhang die Verwendung der
Sprache zur Organisation nichtsprachlicher Handlungen.“36

Da es nur eine Bemerkung ist und sich hieraus noch nicht darauf schließen
lässt, ob dies schon der vollständige Inhalt ist, bedarf es noch einiger weiterer
Textstellen. In seiner Kritik an der Hegelschen Philosophie wird er noch direkter
wenn er sagt:

„Denken ist eine unmittelbare Tätigkeit, inwiefern es Selbsttätigkeit ist. Kein anderer kann
für mich denken; ich überzeuge mich von der Wahrheit eines Gedankens nur durch mich
selbst. […] Die Demonstration ist nichts anderes als das Zeigen, daß das wahr ist, was
ich sage […]“37

Damit ist klar, dass aller Anfang der Sprache im Denken liegt. Es leitet sich
quasi aus ihm ab, aber eine Umkehrung dieser kausalen Beziehung ist nicht
möglich, „sonst müßte der größte Schwätzer der größte Denker sein.“38

34
Feuerbach, Ludwig: Über die eine, allgemeine, unendliche Vernunft. In: Gesammelte Werke. Hrsg. v. Werner
Schuffenhauer. Berlin: Akademie-Verlag 1981, Bd. 1, S. 9
35
Feuerbach: A.a.O., S. 11
36
Schneider, Hans Julius: Pragmatik als Basis von Semantik und Syntax. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag 1975, S.
1
37
2 Feuerbach, Ludwig: Zur Kritik der Hegelschen Philosophie. In: Gesammelte Werke. Hrsg. v. Werner Schuffenhauer.
Berlin: Akademie-Verlag 1981, Bd. 9, S. 27
38
Feuerbach: A.a.O., S. 30
14
39
Ob die Aussage von Schneider „Sprechen ist Handeln“ auch mit Feuerbach
vereinbar ist und damit eine Pragmatik an den Anfang der Sprache gestellt
werden kann, muss sich noch zeigen.
Im nachfolgenden Zitat spricht Feuerbach von Darstellung. Aus diesem Text
geht nicht hervor, dass es sich um eine schriftlich fixierte Form handeln muss.
Daher liegt es nahe, diese Begrifflichkeit auch auf die sprachliche Darstellung
im Konkreten anzuwenden.

„Die Darstellung abstrahiert von dem vor der Darstellung Gewußten; sie soll einen
absoluten Anfang machen. Aber eben hierin offenbart sich nun sogleich die Grenze der
Darstellung. Das Denken ist früher als das Darstellen des Denkens. Der Anfang in der
Darstellung ist nur für sie, aber nicht für das Denken da erste.“40

Es ist nun schon kaum mehr zu übersehen, dass einer Pragmatik als Basis der
Entwicklung der Sprache wohl nicht in Frage kommt. Dies wird spätestens hier
deutlich:

„Die Sprache ist – abgesehen hier von dem Bedürfnis, welches ohnedem wohl überall
der erste Ausgangspunkt, aber nicht der wahre und letzte Grund ist – nichts anderes als
die Realisation der Gattung, die Vermittlung des Ich mit dem Du, um durch die
Aufhebung ihrer individuellen Getrenntheit die Einheit der Gattung darzustellen. […] Die
Demonstration hat nun nur in der Vermittlungstätigkeit des Gedankens für andere ihren
Grund. Wenn ich etwas beweisen will, so beweise ich es für andere.“41

Daraus kann zweifelsohne geschlossen werden, dass Sprache für Feuerbach


lediglich ein Mittel zu einer Sache ist, der Demonstration des Gedachten.
Wenngleich er es nicht als ontologisches Problem betrachtet, so wie es
Schneider beschreibt.

„Die Unterscheidung von Eigennamen und Prädikatoren z. B. müßte verständlich


gemacht werden können als Ausdruck des ontologischen Unterschieds zwischen
Individuum und (realistisch gedachtem) >Begriff<. Der Begriffsrealismus, der für die
Wörter-Semantik noch vermeidbar schien, scheint für die Theorie der semantischen
Komposition unumgänglich. Träfe dies zu und würde sich die von Lakoff angedeuteten
ontologischen Probleme als unlösbar erweisen, hätte das zur Folge, daß seine Theorie
der semantischen Komposition hinfällig würde.“42

39
Schneider, Hans Julius: Pragmatik als Basis von Semantik und Syntax. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag 1975, S.
1
40
1 Feuerbach, Ludwig: Zur Kritik der Hegelschen Philosophie. In: Gesammelte Werke. Hrsg. v. Werner Schuffenhauer.
Berlin: Akademie-Verlag 1981, Bd. 9, S. 33f
41
Feuerbach: A.a.O., S.27f
42
Schneider, Hans Julius: Pragmatik als Basis von Semantik und Syntax. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag 1975, S.
74
15
Ein sich daraus als Schwierigkeit ergebender Punkt besteht darin, dass
Feuerbach sich mit der tieferen Struktur der Sprache nicht in dem Maße
auseinander setzt wie es von Schneider getan wird. Dies würde den Schluss
nahe legen, dass zwar andere Ansichten über die Herkunft der Sprache
vorherrschen aber keine fachliche Nähe vorhanden ist, was die Tiefgründigkeit
der Problemuntersuchung angeht. Folglich wären beide Autoren nur grob
vergleichbar. Im Unterschied zu Schneider sieht es sogar so aus, dass
Feuerbach eine Ontologie gerade für notwendig erachtet.

„Das Wort ist ein abstraktes Bild, die imaginäre Sache oder, inwiefern jede Sache immer
zuletzt auch ein Objekt der Denkkraft ist, der eingebildete Gedanke, daher die Menschen,
wenn sie das Wort, den Namen einer Sache kennen, sich einbilden, auch die Sache
selbst zu kennen. […] Der Gedanke äußert sich nur bildlich; die Äußerungskraft des
Gedankens ist die Einbildungskraft, die sich äußernde Einbildungskraft aber die
Sprache.“43

Auch wenn an dieser Stelle nicht explizit erwähnt ist, dass es um ontologische
Annahmen geht, so ist es doch möglich, dies aus der Darstellung zu erkennen,
wie sehr ein Wort eine Kenntnis des Gemeinten erzeugt. An dieser Stelle ist
das Wort Gottes gemeint, dass obwohl es nicht gehört werden kann, sondern
nur in den Evangelien nachgelesen, eine Suggestion dessen hinterlässt, was
den eigentlich gemeint sei. Dies wird besonders dort deutlich, wo mehrere
Menschen unabhängig von einander zu den gleichen Erkenntnissen kommen.
Dennoch beschäftigen sich neben der Sprachphilosophie auch noch andere
Wissenschaften mit dem Verhältnis von Denken und Sprache, wie die
Psychologie. Dabei werden einige Theorien unterschieden, die von folgenden
Zusammenhängen ausgehen:
1. Die Sprache determiniert das Denken
2. Das Denken determiniert die Sprache
3. Denken und Sprache sind zwei unabhängige Systeme
John Broadus Watson, ein US-amerikanischer Psychologe, der zwischen 1878
und 1958 lebte vertrat die erste These. Seiner Ansicht nach gibt es keine
inneren geistigen Aktivitäten, also muss das Denken sprachdeterminiert sein.
Dies gründete sich auf Versuchen die er mit Affen unternahm, bei denen
diejenigen, die vorher einem Sprachtraining beigewohnt hatten, bessere

43
Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. In: Gesammelte Werke. Hrsg. v. Werner Schuffenhauer. Berlin:
Akademie-Verlag 1981, Bd. 5, S. 158
16
Denkergebnisse erzielten. Um zu beweisen, dass dies auch auf den Menschen
zutrifft, führten Smith, Brown, Toman und Goodman 1947 ein Experiment durch.
Smith der sich mittels eines Curare-Präparates vollständig lähmen lies, stellte
44
keine Beeinträchtigung in der Denkleistung fest. Damit galt die Theorie als
wiederlegt.
Ein weiterer Vertreter der ersten Hypothese ist Benjamin Lee Whorf(1897-
1941), ein ausgebildeter Chemieingenieur (MIT), der zwar nie hauptberuflich
Linguist war, sich aber mit amerikanischen Eingeborenensprachen auseinander
setzte. Seiner Meinung nach beeinflussen die unterschiedlichen grammatischen
und semantischen Strukturen der verschiedenen (Mutter-)sprachen die
Wahrnehmung. Die mit amerikanischen Ureinwohnern durchgeführten Tests
45
konnten allerdings seine Hypothese nicht bestätigen. Dennoch lässt sich
festhalten, dass „uns die Sprache beeinflusst aber ihre Wirkung liegt darin,
Ideen mitzuteilen, und nicht darin, die Art der Vorstellungen, die wir gedanklich
erfassen können, zu determinieren.“46
Ein Indiz, dass die zweite Hypothese zutreffen könnte, lässt sich durch eine
Untersuchung der am häufigsten vorkommenden Konstellationen von
Satzobjekten zeigen:

SOP 44%, SPO 35%, PSO 19%, POS 2%, OPS 0% & OSP 0%47

Es liegt die Schlussfolgerung nahe, dass es einen bestimmten Grund geben


muss, warum das Subjekt fast immer vor dem Objekt genannt wird. Denn die
Information wer etwas mit welchem Ding tut, scheint eine denklogische Abfolge
zu sein, die sich auf den Gebrauch der Sprache auswirkt.
Ob es sich allerdings um zwei von einander unabhängige Teilsysteme handelt,
Denken und Sprache, kann momentan nicht geklärt werden. Der
Modularitätsansatz äußert die Annahme, dass sich der Erwerb und die
Verarbeitung der Sprache unabhängig von anderen kognitiven Systemen
einstellen.48

44
Vgl. Anderson J. R.: Kognitive Psychologie. Berlin: Spektrum 2001, S. 367-368
45
Vgl. Anderson: A.a.O., S. 370
46
Anderson J. R.: Kognitive Psychologie. Berlin: Spektrum 2001, S. 371
47
Anderson: A.a.O., S. 372
48
Vgl. Anderson: A.a.O., S. 373
17
Wie an dem Exkurs in die Psychologie gezeigt werden konnte, besteht auch
dort Uneinigkeit über eine Theorie. Da aber nur die absoluten Positionen der
strengen Determination als wiederlegt angesehen werden können, bleibt immer
noch genügend Spielraum für eine Theorie, die eher in die Richtung Sprache
bestimmt das Denken oder umgekehrt strebt. Dennoch ergeben sich für die
einzelnen Wissenschaften handfeste Probleme, da zum einen keine
Untersuchung der Sprache ohne Sprache stattfinden kann und zum anderen
eine Bestandsaufnahme aller sprachlichen Konventionen (auch wenn es sich
nur um eine Sprache handeln sollte) nicht möglich ist.
Mit eben diesem Problem hat auch Schneider zu kämpfen, denn eine rein
plausible Darstellung seiner Ansichten ist ihm zweifelsohne gelungen, doch
wäre ein echter Beweis nur außerhalb des sprachlichen Systems durchführbar.
Der Grund hierfür liegt darin, dass sich ein System nicht durch seine
Selbstwahrnehmung als existent beweisen kann. D.h. für eine zweifelsfreie
Bestimmung, in welchem Verhältnis die Sprache zum Denken oder die Sprache
selbst funktioniert, wäre ein unbeteiligter Dritter notwendig. Da aber ein Mangel
an so einem Ding zu bestehen scheint, muss der plausibelsten Argumentation
auf diesem Gebiet stattgegeben werden.
Bei dem Vergleich der Positionen von Feuerbach und Schneider lässt sich
zusammenfassend festhalten, dass beide Denker einen anderen Weg
beschreiten. Währende sich Schneider hauptsächlich mit der Struktur und dem
logischen Aufbau der Sprache auseinander setzt, so sind durch die Aussagen
von Feuerbach eher andere Bereiche interessant. Ihm wiederum geht es in
erster Linie um das Verhältnis von Denken und Sprache. Die dabei gemachten
Festlegungen wiederstreben denen, die Schneider versucht auszuräumen, wie
z. B. die der Ontologie. Dennoch muss nicht zwingend angenommen werden,
dass die Position von Schneider in keinster Weise zu der von Feuerbach passt,
denn Textstellen in denen sich Feuerbach gegen eine Pragmatik als
Leitgedanke der Sprache ausspricht, waren nicht auffindbar.
Es kann lediglich festgehalten werden, dass unterschiedliche Wege
eingeschlagen wurden, die sich nicht zwingend ausschließen, wohl aber bei
genauerer Betrachtung gewisse Reibungspunkte aufweisen.

18
Schluss:
Es ist geradezu ein Glück, dass es von Feuerbach eine Antwort auf Stirners
Kritik gibt. Denn dadurch muss nicht erst zwischen den Positionen vermittelt
oder gar eine mögliche Antwort des Opponenten gedacht werden. Sie existierte
bereits ein Jahr nach Stirners Schrift „Der Einzige und sein Eigentum“ (1844).
Leider ist nicht bekannt, ob diese Erwiderung ebenfalls gekontert wurde, so
dass diese den Ausgang dieser Arbeit darstellen wird.

Nachfolgend sollen einige Kritikpunkte exemplarisch dargestellt werden.

Warum sollten das Subjekt(Gott) entfernt werden die Prädikate aber nicht?
Prädikate müssen erhalten bleiben, da sonst Alles nicht existiert. Nichts als ein
Prädikat? „Gott ist nichts“. Prädikate bestehen nicht als göttliche Prädikate,
sondern als natürliche Prädikate. Je höher ein Wesen, desto eindrucksvoller
seine Prädikate, doch auf der Ebene des Menschen verliert das Prädikat die
Göttlichkeit. 49
Aus dem Grund muss der Mensch erkennen, dass seine Schranke, das Subjekt
Gott ist. Diese Illusion muss vom Subjekt überwunden werden.50
Mit dem Ausspruch „Der Mensch ist der Gott des Menschen“ macht Feuerbach
darauf aufmerksam, wonach der Mensch strebt, nämlich nach der eigenen
Anerkennung und Bestätigung durch sich selbst und nicht durch einen
abstrakten Gott. Weiterhin macht er darauf aufmerksam, dass die Geste des
„Speisens“ nichts Göttliches inne wohnt, da es sich lediglich um eine poetische
Umschreibung handelt. Es folgt daraus, dass „Der Mensch ist der Gott, das
höchste Wesen des Menschen“ und „Es ist kein Gott, kein höchstes Wesen“
den gleichen Terminus ausdrücken, wobei der erste eher positiv aufzufassen ist
der letztere eher negativ.51
Die Frage die sich Eingangs stellte, ob es ein Missverständnis gegeben haben
könnte, beantwortet Feuerbach mit einem klaren JA, in dem er ausführt, dass
sein Ziel darin bestand die Spaltung des Ich in ein wesentliches und ein
unwesentliches aufzuheben. D.h. die Anschauung des Menschen, soll dem
ganzen Menschen gelten und nicht nur spezifischen Attributen.52

49
Vgl. Feuerbach, Ludwig: Über das „Wesen des Christentums“ in Beziehung auf Stirners „Das Einzige und sein
Eigentum“. In: Gesammelte Werke. Hrsg. V. Werner Schuffenhauer. Berlin: Akademie Verlag 1982, Bd. 9, S. 428
50
Vgl. Feuerbach: A.a.O., S. 429
51
Vgl. Feuerbach: A.a.O., S. 429-430
52
Vgl. Feuerbach: A.a.O., S. 430
19
Durch die Negation Gottes kann erst ein Individuum entstehen das sich seiner
Sinnlichkeit bedient, denn wenn alle Zuschreibungen die an Gott gemacht
werden, nur ihm allein gelten, ist nichts mehr übrig für den Menschen.53
Auch ist es Feuerbach wichtig eine Fehldeutung seiner Einleitung zum „Wesen
des Christentums“ auszuräumen, denn in ihr werden zwar die Mächte „im
Menschen über den Menschen“ hervorgehoben, aber diese Hinführung soll
nicht eine ganze philosophische Abhandlung einleiten sondern lediglich das
eigentliche Werk.54
Im Weiteren geht es um die Überwindung der Religion im Sinne der
Zerschlagung ihrer, für heilig befundene Dinge. Die wenn ein Einzelner nur
gelassen würde, ohne weiteres zerstörbar wäre und ihnen nichts göttliches
mehr inne wohnt.55
Darüber hinaus setzt er den Materialismus an die erste Stelle der
Erkenntnisgewinnung, in dem er sagt „Folge den Sinnen! Wo der Sinn anfängt,
hört die Religion und hört die Philosophie auf, aber du hast dafür die schlichte,
blanke Wahrheit.“56

Auch wenn die Ergänzungen noch weiter gehen, so ist ja nicht die
Inhaltsanagabe das Ziel, sonder die Tatsache, dass sich Feuerbach
missverstanden wähnt. Alle noch nachfolgenden Beispiele sollen im Endeffekt
auf eines hinweisen, mit der Abwendung vom Glauben an etwas
Überweltliches, hin zu einem sinnlichen Erfahren der Welt, muss jede Form von
Gottesfurcht überwunden werden können.

Feuerbach wehrt sich sogar gegen eine Verortung ein absoluter Materialist zu
sein, wenn er schreibt: „„F. bekleidet seinen Materialismus mit dem Eigentum
des Idealismus.“ Oh, wie aus der Luft gegriffen ist diese Behauptung! F.,
Einziger, ist weder Idealist noch ein Materialist. Dem F. sind Gott, Geist, Seele,
Ich bloße Abstraktionen, aber ebensogut sind ihm der Leib, die Materien, der
Körper bloße Abstraktionen.“ Das einzige was Feuerbach von sich behauptet,
dass er sein will ist ein „Mensch“, mehr noch ein „Gemeinmensch“, nichts
weiter.57

53
Vgl. Feuerbach, Ludwig: Über das „Wesen des Christentums“ in Beziehung auf Stirners „Das Einzige und sein
Eigentum“. In: Gesammelte Werke. Hrsg. V. Werner Schuffenhauer. Berlin: Akademie Verlag 1982, Bd. 9, S. 430
54
Vgl. Feuerbach: A.a.O., S. 431-432
55
Vgl. Feuerbach: A.a.O., S. 431
56
Vgl. Feuerbach: A.a.O., S. 433
57
Vgl. Feuerbach: A.a.O., S. 441
20
Literaturverzeichnis:
Anderson J. R.: Kognitive Psychologie. Berlin: Spektrum 2001

Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Hrsg. von Werner


Schuffenhauer. Berlin: Akademie Verlag, 1984

Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums, Band 1, Berlin, 1956

Feuerbach, Ludwig: Über die eine, allgemeine, unendliche Vernunft. In:


Gesammelte Werke. Hrsg. v. Werner Schuffenhauer. Berlin: Akademie-Verlag
1981, Bd. 1

Feuerbach, Ludwig: Zur Kritik der Hegelschen Philosophie. In: Gesammelte


Werke. Hrsg. v. Werner Schuffenhauer. Berlin: Akademie-Verlag 1981, Bd. 9

Feuerbach, Ludwig: Über das „Wesen des Christentums“ in Beziehung auf


Stirners „Das Einzige und sein Eigentum“. In: Gesammelte Werke. Hrsg. V.
Werner Schuffenhauer. Berlin: Akademie Verlag 1982, Bd. 9

Internationale Gesellschaft der Feuerbach-Forscher, Ursula Reitemeyer:


Societas ad studia de hominis condicione colenda, Münster, 2008

Kant, Immanuel: Der einzig mögliche Beweisgrund zu einer Demonstration des


Daseins Gottes. Hamburg: Meiner Felix Verlag GmbH, 1995

Korfmacher, Wolfgang: Stirner Denken: Max Stirner - Leben und Werk,


Karolinger Verlag 2001

Schneider, Hans Julius: Pragmatik als Basis von Semantik und Syntax.
Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag 1975

Stirner, Max: Das Einzige und sein Eigentum, 1. Digitalauflage Berlin, 2002

Weinkauf, Wolfgang: Die Philosophie der Stoa. Stuttgart: Philipp Reclam jun.
GmbH & Co, 2001

21

Você também pode gostar