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neXTweb
Der ljr und das Internet
neXTweb
Das Netz als mächtiger Kulturraum
Das Internet entwickelt sich zum eigenständigen Kulturraum, wird ein Teil der Realität
und nimmt zunehmend und unaufhaltsam Einfluss auf gesellschaftliche Gestaltungspro-
zesse. Die »erste Völkerwanderung des Informationszeitalters« führt zu einer fundamen-
talen Veränderung der Gesellschaft und stellt alte Macht- und Entscheidungsstrukturen
grundsätzlich in Frage. Kein Wunder also, dass wir angesichts der damit verbundenen
Verschiebung der Machtverhältnisse in der Debatte um das Internet vermehrt eine Pola-
risierung der Gesellschaft erleben.
Da sind zum einen die Digital Visitors, die das Netz zwar als wichtig erkannt haben, es
aber nicht lieben, die verlässliche Information und Beziehung statt Überforderung und
Oberflächlichkeit suchen, die den Schutz persönlicher Daten und den der Privatsphäre
besonders betonen, die dem Netz Intransparenz und Bevormundung, die Förderung von
Scheinidentitäten, Realitätsverzerrung und Informationschaos vorwerfen und die das
Social-Web als Katastrophe ohne Nutzwert betrachten, das strukturbedingt kriminelle
Machenschaften befördert.
Da sind zum anderen die Digital Residents, die die Dynamik des Netzes verstehen und
aktiv mitgestalten, die im Netz eine Basis für gegenseitige Offenheit sehen statt Intrans-
parenz und Bevormundung zu befürchten, die gestaltend in die Gesellschaftsdynamik
eingreifen und kostenfrei von globaler Kreativität profitieren wollen. Sie wollen über Aus-
tausch und Empfehlung am Ball bleiben, überall schnell emotionale Beziehungen eingehen
und die Gesellschaftsdynamik hautnah miterleben. Sie lehnen jede Form von Kontrolle,
Hierarchie und Zugangsbeschränkung ab und betrachten das Social-Web als Riesenge-
winn und Weiterentwicklung des Netzes.
Diese Blockade ist deshalb besonders problematisch, weil sie die gesamte Gesellschaft
betrifft und uns von notwendigen Entwicklungen abhält. Entwicklungen, die für die Kon-
kurrenz- und Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft eine maßgebliche Bedeutung haben
(die Entwicklungsrichtung hat Gunter Dueck in in seinem Buch »Aufbrechen« beispiel-
haft aufgezeigt), denn verteiltes und exzellentes Wissen ist die
einzige Chance für die Zukunft. Letztendlich ein unproduktiver Hypothese 2 *
Kampf, denn es wird die Veränderungen geben, ob wir es wollen
oder nicht. Aufgrund der systembedingten und gesetzten Rah- Die Veränderungen durch das Inter-
menbedingungen sowie der Eigendynamik des Internets sind net sind systembedingt und daher
die gesellschaftlichen Veränderungen außer durch Abschaltung außer durch Abschaltung des Netz-
des Netzwerkes nicht aufzuhalten. werkes nicht zu stoppen.
Seit dem Web 2.0 geht es nicht mehr um die Verwertung von Informationen, sondern
darum, gemeinsam einen Kulturraum zu gestalten. Das Netz bietet die Möglichkeit, neue
und umfassendere soziale Strukturen aufzubauen. Es führt zu veränderten Besitzverhält-
nissen, denn durch die technische Dezentralität kann nichts mehr festgehalten werden
und Grenzen lösen sich auf. Die Macht verschiebt sich immer mehr vom Anbieter auf
den Nachfrager. Der gigantische Strom kontextbefreiter Informationen bietet im sozia-
len Netzwerk einen grenzenlosen assoziativen Raum. Die eigene Qualität des Internets
liegt dabei in der Masse der beteiligten Menschen, die neue Informationen und damit
auch eine neue Informationsqualität schaffen und damit das Kollektiv zur Analyseeinheit
machen (Kollektivintelligenz). Intelligenz kommt dabei nicht aus dem Netz, sie kommt
vom Menschen – die Intelligenz öffentlich sichtbar zu machen, ist dabei allerdings dem
System des Netzes zu verdanken.
Das Internet bietet in seiner entwickelten Form eine Netzwerkstruktur, die in weiten Teilen
dem entspricht, was emanzipatorische Jugendarbeit ausmacht: einen selbstbestimmten und
frei gestaltbaren Raum, ein synergetisches Netzwerk der ungehinderten Kommunikation
und Kooperation, einen machtreduzierten Ort für Freundschaft, Beteiligung, Entwicklung
und Innovation, eine hierarchiefreie Basis für gleichberechtigtes Denken und Handeln.
Indem wir uns an den Kompetenzen und an der Sprache der Jugendlichen, also der Digi-
tal Natives, orientieren, schaffen wir die Grundlagen und Räume für zukunftsgerechtes
Denken und Handeln und die Bedingungen für neue Handlungsoptionen.
Hans Schwab
cluetrain manifest
Revolution 2.0: Die Macht verschiebt sich
immer mehr vom Anbieter auf den Nachfrager.
kontext-Links 3
1 2 Gunter Dueck
Prof. Dr. Peter Kruse auf you- Mihaly Csikszentmihalyi Aufbrechen (2010)
Tube Flow: Das Geheimnis Homo Oeconomicus (2008)
sowie: www.nextpractice.de des Glücks (1990) sowie: www.omnisophie.com