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F 7.

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Schlafende Riesen im Kommunikationsprozess?
Best Practice: Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für wissenschaftliche
Fachgesellschaften

Thomas Nesseler

Wissenschaftliche Fachgesellschaften organisieren teilweise mit einer langen Tradition Diskurse


für ihre akademischen Fachgebiete. Geistes- und Sozialwissenschaftler sind oftmals ebenso in Ver-
bänden organisiert wie Wirtschaftwissenschaftler, Juristen oder Naturwissenschaftler und Ärzte.
Gerade im medizinischen Umfeld gibt es eine Vielzahl von wissenschaftlich-medizinischen Fach-
gesellschaften, die heute aktiver denn je ihre Teilhabe an wissenschafts- oder gesundheitspoliti-
schen Entscheidungen einfordern. Dabei spielt die Beratung von Multiplikatoren der öffentlichen
und veröffentlichten Meinung sowie die Kommunikation mit der breiten Öffentlichkeit eine große
Rolle, wenn es gilt, Mehrheiten und Stimmungsbilder in der „res publica“ zu organisieren. Am
Beispiel der beiden wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften für Psychiatrie und ärztli-
che Psychotherapie, der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheil-
kunde (DGPPN) sowie der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychoso-
matik und Psychotherapie (DGKJP), sollen Möglichkeiten einer modernen Wissenschaftskommu-
nikation mit relevanten Teilfeldern der Gesellschaft beschrieben werden.

Gliederung Seite

1. Wissenschaft kommunizieren: Vom Übersetzen zum Begreifen 2


2. Wissenschaft goes public: Ein Kongress wächst 3
2.1 Strategie und Planung im Detail 4
2.2 Pressearbeit: Experten-Laien-Dialog in der Praxis 5
2.3 Öffentliche Veranstaltungen: Laien fragen, Experten antworten 6
2.4 Zielgruppe Lehrer und Schüler 7
3. Experten im Dialog: Beratung all inclusive 8
4. Gutenberg lässt grüßen: Von „Psychiater im Netz“ zur Kunst des Buches 9
4.1 Zielgruppe Laien 9
4.2 Öffentliche Wissenschaft im Buch 10
4.3 Wissenschaft muss sich in öffentliche Debatten einmischen 11
5. Fazit 12

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F 7.1 Zielgruppen im Visier: Wie gewinne ich Studierende, Mitarbeiter, Ehemalige?

Spezifische Zielgruppen erreichen

1. Wissenschaft kommunizieren: Vom


Übersetzen zum Begreifen
Die wissenschaftliche Fachgesellschaft der Erwachsenenpsychiater,
die DGPPN, ist in Deutschland mit fast 5.000 Mitgliedern die größte
und älteste wissenschaftliche Vereinigung auf diesem Gebiet, während
die DGKJP fast 900 Mitglieder vertritt, die im Bereich Kinder- und
Jugendpsychiatrie wissenschaftliche Interessen verfolgen. Vorläufer-
organisationen der DGPPN reichen bis ins Jahr 1842 zurück, bei der
DGKJP bis in die Dreißigerjahre des letzten Jahrhunderts. Inzwischen
vertreten die Fachgesellschaften nicht nur mehr die Interessen von
Medizinern, sondern auch von anderen akademischen Berufsgruppen,
die im Bereich Psychiatrie, Psychosomatik, Psychotherapie oder Ner-
venheilkunde arbeiten und über einen Universitätsabschluss verfügen,
so etwa Psychologische Psychotherapeuten oder Grundlagenwissen-
schaftler aus den Natur- und Sozialwissenschaften. Wie viele andere
Fachgesellschaften in Deutschland, sind DGPPN und DGKJP als ein-
getragene Vereine mit Gemeinnützigkeitsstatus organisiert. Strategi-
sche Planung und operatives Geschäft liegen in den Händen eines
Vorstandsgremiums, dem ein Präsident mit zweijähriger Amtszeit als
Primus inter Pares vorsteht.

Teilhabe an öffentlichen Diskursen


Fachgesellschaften als Die Kommunikation mit Zielgruppen außerhalb des Fachgebietes, also
bedeutsame Mittler mit Angehörigen, Patienten, Selbsthilfegruppen, Journalisten, der Poli-
tik oder der interessierten Öffentlichkeit, war lange Zeit wenig profes-
sionell organisiert. Die Public-Understandig-of-Science-Bewegung
machte Anfang der Achtzigerjahre auch nicht vor wissenschaftlichen
Fachgesellschaften Halt, sondern führte zu einer Diskussion, wie rele-
vante Inhalte und aktuelle Fragen besser außerhalb des eigenen Fach-
gebietes zu kommunizieren seien. Denn gerade Fachgesellschaften
verfügen über ein hohes Wissenspotenzial. Aktuelle Forschungsfragen
und die daraus resultierende Diskussion wissenschaftlicher Fragen des
Fachgebiets, die relevant sind für die Politik in Wissenschaft, Gesell-
schaft oder in den Gesundheits- und Sozialsystemen, stehen immer
wieder auf der Agenda. Die DGPPN und DGKJP sind beispielsweise
federführend bei der Entwicklung von Leitlinien und Maßnahmen der
Qualitätssicherung in der Krankenversorgung für das Fachgebiet Psy-
chiatrie und Psychotherapie.

Darüber hinaus hat die DGPPN das „Aktionsbündnis für Seelische


Gesundheit“ initiiert, um der Stigmatisierung von Menschen mit psy-
chischen Erkrankungen in unserer Gesellschaft entgegenzuwirken. In
diesem Bündnis, das sich als gesellschaftliche Bewegung versteht,
sind heute über 60 Organisationen und Institutionen auch außerhalb
des Fachgebietes organisiert, um für eine größere Akzeptanz bei The-
men im Kontext von psychischen Erkrankungen bzw. seelischer Ge-

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Spezifische Zielgruppen erreichen

sundheit zu werben. Dies mögen nur einige wenige Beispiele sein, die
zeigen, dass wissenschaftlich-medizinische Fachgesellschaften weit
über ihr Fachgebiet hinaus wahrgenommen werden, wenn sie es ver-
mögen, fachwissenschaftliche Inhalte in Kontexte zu überführen, die
auch von Nichtexperten, den sogenannten Laien, verstanden werden.

Wenn man bedenkt, dass wir alle in den meisten Wissensgebieten Komplexes für den
i. d. R. keine Experten sind, dann wird man dem Gedanken mit etwas Einzelnen verstehbar
weniger Affekt begegnen können und das „Über-setzen“ im wahrsten machen
Sinne des Wortes für den Königsweg halten, um komplexe Inhalte und
Zusammenhänge verstehbar werden zu lassen. Nur in der Translation
von wissenschaftlichen Inhalten wird dem damit verbundenen „Be-
greifen“ als einem kognitiven Vorgang, der sich im Verstehen von
Welterfahrung vollendet, eine Tür geöffnet, so dass Wissen nachhaltig
für jeden Einzelnen nutzbar wird. Im Prinzip verfügen wir alle über
diese Erfahrungen, denn seit den ersten Schritten in unserer Sozialisa-
tion, als wir im Kindsein die Gegenstände, die uns interessierten, er-
griffen, um diese zu begreifen, wiederholen wir diesen Vorgang immer
wieder aufs Neue, um uns die Welt und deren Objekte anzueignen.

Es dauerte jedoch noch bis Ende der Neunzigerjahre, bis die Fachge- Kongresse für die
sellschaft allmählich Kommunikationsansätze entwickelte, die den Außendarstellung
Maßstäben einer modernen, integrierten Kommunikation entsprechen.
Eine wichtige Funktion in der Außendarstellung hatten – und hier ist
die DGPPN im Vergleich zu vielen anderen wissenschaftlichen Fach-
gesellschaften keine Ausnahme – die ein- oder zweijährlich stattfin-
denden Jahrestagungen bzw. Kongresse. Gerade diese „Events“ hatten
oftmals einen Anteil daran, dass die Arbeit einer wissenschaftlichen
Fachgesellschaft auch von anderen Publika wahrgenommen wurde.

2. Wissenschaft goes public: Ein Kongress


wächst
Wie für viele andere wissenschaftliche Fachgesellschaften, so gehören Instrument zur
sowohl für DGPPN als auch DGKJP die wissenschaftlichen Tagungen Mitgliederbindung
zu den Höhepunkten im Vereinsleben. Aufgrund eines zielgruppenori-
entierten Teilnehmermarketings und dank eines weit gefächerten Pro-
grammangebotes, das Grundlagenforschung und Versorgungsfragen zu
verbinden weiß, konnte die DGPPN die Zahl der Kongressbesucher
von ursprünglich 800 fast verzehnfachen: Zum letzten Kongress im
November 2008 kamen fast 8.000 Teilnehmer. Über 1.250 Referenten
berichteten in mehr als 500 Veranstaltungen über den aktuellen For-
schungs- und Versorgungsstand in Psychiatrie, Psychosomatik und
Psychotherapie.

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Literaturhinweise und nützliche Links

[1] Nesseler, Thomas (2003): Neue Wege der Wissenschaftskommunikation. In:


Bentele, Günter; Piwinger, Manfred, Schönborn, Gregor (Hrsg.): Kommunikati-
onsmanagement (Loseblattwerk). Neuwied.
[2] Informationen zum Aktionsbündnis für Seelische Gesundheit:
http://www.seelischegesundheit.net/
[3] Weiterführende Informationen über die DGPPN: http://www.dgppn.de/ bzw.
DGKJP: http:\www.dgkjp.de bzw. zu den Kongressen unter http:\dgppn-
kongress.de sowie http:\dgkjp-kongress.de
[4] Übersicht über Medienaktivitäten beider Fachgesellschaften u. a. im Archiv zum
DGPPN Kongress 2008: http://www.dgppn.de/de_kongress2008-
medien_202.html bzw. Beiträge DHD: http://dhd-news.de/event/310/dgppn-
kongress-2008 sowie zum DGKJP Kongress 2009:
http://www.dgkjp.de/de_kongressearchiv_77_13.html
[5] Expertenservice DGPPN unter
http://www.dgppn.de/de_expertenservice_50.html
[6] Laienseite der DGPPN und der DGKJP im Internet: http://www.neurologen-und-
psychiater-im-netz.de/npin/show.php3?id=1&nodeid
[7] Nesseler, Thomas; Hohagen, Fritz (Hrsg.) (2006): Wenn Geist und Seele strei-
ken. Handbuch psychische Gesundheit. München.
[8] Nesseler, Thomas; Häßler, Frank; Thomasius, Rainer (2009): Wenn Jugendliche
trinken. Auswege aus Flatrate-Trinken und Koma-Saufen. Stuttgart.

Informationen zum Autor

Dr. Thomas Nesseler, Jahrgang 1959, ist seit 2005 Hauptgeschäftsführer und Pressesprecher der
Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) sowie der
Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie
(DGKJP) in Berlin. Er studierte Germanistik, Geschichte und Politikwissenschaft an der Universität
Freiburg. Nach einer journalistischen Ausbildung war er zwischen 1989 und 2005 Pressesprecher
von Universität und Universitätsklinikum Freiburg sowie in Personalunion zwischen 2000 bis 2005
Gründungsgeschäftsführer von kongress & kommunikation gemeinnützige GmbH von Universität
und Universitätsklinikum Freiburg. Ziel der GmbH-Gründung war die bessere organisatorische und
kommunikative Vermarktung von wissenschaftlichen Tagungen und Kongressen in der Wirtschafts-
region Freiburg/Südbaden. In dieser Zeit Entwicklung des „Freiburger Modells der Kongresskom-
munikation“.

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