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Dissidenten sammeln sich in der PSoL, um die sozialistischen Ideale wiederzubeleb...

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BRASILIEN

Dissidenten sammeln sich in der PSoL,


um die sozialistischen Ideale
wiederzubeleben
Maurício Hashizume

Eine neue Linkspartei unter Führung von Abgeordneten, die aus der PT ausgeschlossen wurden,
hat am vergangenen Wochenende einen bedeutenden Schritt vorwärts vollzogen. Rund 700
GenossInnen haben sich zum ersten Treffen der Partei Sozialismus und Freiheit (PSoL, das sich
wie sol – Sonne ausspricht) in der Hauptstadt Brasilia versammelt, um den Namen der Partei zu
beschließen, die Statuten festzulegen und ein provisorisches Programm zu verabschieden. Die
Organisation, die sich im Spektrum der Linksparteien als Alternative versteht, hat bereits eine
Vorsitzende: die Senatorin Heloísa Helena, die noch für die PT im Bundesstaat Alagoas gewählt
wurde, heute aber keiner offiziell anerkannten Partei angehört. An ihrer Seite in der neuen
Parlamentsgruppe finden sich weiter ehemalige PT-Abgeordnete wie Babá (Bundesstaat Pará),
João Fontes (Bundesstaat Sergipe) und Luciana Genro (Bundesstaat Rio Grande do Sul) – Letztere
ist übrigens die Tochter von Erziehungsminister Tarso Genro. Sie alle haben einen Prozess der
politischen Isolation durchgemacht, nachdem sie im Kongress gegen die Reform der
Sozialversicherung gestimmt hatten. Diese Ausgrenzung gipfelte im Dezember 2003 an der
nationalen PT-Leitungssitzung in ihrem Ausschluss, der mit disziplinarischen Gründen und
mangelnder Loyalität gegenüber der Partei begründet wurde.

Die meisten der Anwesenden des PSoL-Gründungstreffens


Die Parteifrage in kommen aus der Strömung Sozialistische Demokratie (DS)
Zeiten der Lula- der PT, die sich in der neuen Organisation in der Tendenz
Regierung namens Rote Freiheit zusammengeschlossen haben, sind
Dissidenten der Kommunistischen Partei Brasiliens
Die kürzlich erfolgte (PCdoB) und der Vereinten Sozialistischen Arbeiterpartei
Gründung einer neuen (PSTU), Funktionäre der Beamtengewerkschaft (vor allem
sozialistischen Partei in Lehrer) oder AktivistInnen der Bewegung Boden, Arbeit
Brasilien – der Partei und Freiheit (MTL) oder unabhängiger Gruppen. Nach den
Sozialismus und Worten eines der 16 Mitglieder des Exekutivausschusses
Freiheit (PSoL) – durch der neuen politischen Kraft sehen die meisten PSoL-
DissidentInnen der Mitglieder in diesem Schritt den „letzten Versuch“, eine
Arbeiterpartei (PT) institutionelle Partei aufzubauen. Unter den der neuen
und der Vereinigten Gruppe beigetretenen „Persönlichkeiten“ finden sich auch
Sozialistischen der Soziologe Chico de Oliveira und Prof. Paulo Arantes.
Arbeiterpartei (PSTU)
Um vollberechtigt an den Wahlen teilnehmen zu können,
hat in der
muss die PSoL noch ihre „Legalisierungskampagne“
brasilianischen Linken
erfolgreich über die Runden bringen, d. h. die für die
eine heftige Diskussion
Registrierung nötigen Unterschriften sammeln. „Am
über die Möglichkeiten
Wahltag für die Kommunalwahlen im November 2004
und die Richtigkeit des
werden ‚PSoL-Brigaden‘ im ganzen Land unterwegs sein,
Entscheids, erneut eine
um die nötigen 438 000 Unterschriften zu sammeln. Wir
Partei aufzubauen,
werden in allen Bundesstaaten Seminare durchführen – um
ausgelöst.
den Formalitäten zu genügen und die

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Wir veröffentlichen erforderlichen ,bürokratischen Hindernisse‘ zu


verschiedene überwinden, gleichzeitig aber auch das angenommene
Standpunkte dazu. provisorische Programm und die Statuten zu verfeinern.
Zuerst eine Reportage Im Januar [2005] werden wir während des
über die Weltsozialforums in Porto Alegre unser zweites nationales
Gründungsversammlung Treffen abhalten“, meint die Vorsitzende der neuen Partei.
der neuen Partei in Form
eines Interviews mit Senatorin Heloísa Helena, die nach eigener Aussage „die
unserer im Dezember besten Jahre ihres Lebens“ dazu beigetragen hat, die PT
letzten Jahres aus der PT aufzubauen, kritisiert an der Regierung, dass diese heute
ausgeschlossenen „dieselbe neoliberale Politik vorantreibt, der in der
Genossin Heloísa Helena Vergangenheit durch die Opposition der PT, sei es in
(vgl. Inprekorr 386/387, sozialen Bewegungen oder im Parlament, Schranken
S. 3), Senatorin des gesetzt wurden“. „Wir fühlen uns daher genötigt, ein
Bundesstaates Alagoas politisches Refugium aufzubauen und das historische
und Mitglied der Banner der Arbeiterklasse und all dessen, was ideologisch
Tendenz Sozialistische und programmatisch im Verlauf der Geschichte der
Demokratie, die zur Zeit sozialistischen Linken erarbeitet wurde, zu bewahren“,
den Vorsitz der PSoL meint sie. Nachfolgend veröffentlichen wir Ausschnitte
inne hat. aus einem Interview, das Heloísa Helena, die 2006
Die anderen drei Artikel möglicherweise für die PSoL als
kritisieren diesen Schritt Präsidentschaftskandidatin ins Rennen gehen wird, kurz
aus verschiedenen nach der ersten nationalen Versammlung der jungen Partei
Blickwinkeln. Der erste der Agentur Carta Maior (ACM) gegeben hat.
Artikel stammt von
einem führenden Agentur Carta Maior (ACM):Worin liegt der
Genossen der Strömung Hauptunterschied zwischen dem Programm der PSoL und
Linker den bestehenden Linksparteien?
Zusammenschluss in der
PT, der zweite ist das Heloísa Helena:Die anderen Parteien erscheinen heute als
Editorial einer von Instrumente der triumphalistischen Propaganda des
Linkskatholiken Neoliberalismus, da sie auf die eine oder andere Weise das
herausgegebenen von der Regierung Lula verfolgte neoliberale Projekt
Wochenzeitung und der unterstützen. Wer immer versucht, die Bedeutung der
dritte ein Beitrag aus der Lula-Regierung zu analysieren und einen Funken
Monatszeitung der gesunden Menschenverstand hat, wird – ob Sozialist oder
Tendenz Sozialistische Kapitalist – erkennen, dass die Unterwerfung unter die
Demokratie in der PT, in Parasiten des Internationaler Währungsfonds (IWF) und
der die GenossInnen der anderer multilateraler Finanzinstitutionen und die
Vierten Internationale Abzweigung staatlicher Gelder (in der Höhe von 60%)
organisiert sind. zugunsten der Spekulation andauert und Reformen
(inprecor) durchgeführt werden, die nichts mit den Reformen des
Staatsapparats gemein haben, die wir stets verteidigt
haben.

Wir verteidigen Reformen des brasilianischen Staates, der im Interesse einer Minderheit
privatisiert wurde. Die von der Regierung Lula in Fortsetzung der Politik seines Vorgängers
Fernando Henrique Cardoso eingeleiteten Reformen sind dagegen nichts als neoliberale
Gegenreformen, die sich als des einzigen Mechanismus der Senkung der Sozialausgaben
bedienen, um die steigenden Finanzausgaben – ein Ergebnis der Wirtschaftspolitik und einer
streng monetaristischen Politik – zu bedienen. Einerseits werden die ArbeiterInnen des
öffentlichen Dienstes geopfert, wie dies bei der Rentenreform der Fall war, um die Spekulanten zu
stützen, andererseits werden die staatlichen Ressourcen buchstäblich geplündert – 20 Prozent der

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Mittel für den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern bzw. Gemeinden wurden
zweckentfremdet –, um einen Budgetüberschuss zu gewährleisten.

ACM: Ist nichts mehr davon rückgängig zu machen? Besteht keine Chance mehr, dass die
Regierung Lula angesichts der sozialen Spannungen ihren Kurs wechselt?

H.H.: Ich hoffe für das Wohl Brasiliens und der Millionen von unterdrückten, ausgeschlossenen
und marginalisierten Menschen in diesem Land, dass es den aktiven gesellschaftlichen Kräften
gelingt, organisiert Druck zu machen, um Veränderungen herbeizuführen. Doch leider sind viele
soziale Bewegungen verbürokratisiert, haben Regierungsaufgaben übernommen und bemühen
sich vor allem darum, ihre Basis zu lähmen, um solche sozialen Spannungen zu verhindern.

Natürlich will ich, dass sich die Dinge ändern. Doch angesichts der Maßnahmen, die von der
Regierung bereits umgesetzt wurden, glaube ich nicht, dass es objektiv möglich ist, einen
Kurswechsel durchzusetzen. Könnte ich an einen übermächtigen Gott glauben, würde ich mir
wünschen, dass er der brasilianischen Bevölkerung die Kraft und Fähigkeit verleiht, zu kämpfen
und die Regierung zu einem Kurswechsel zu zwingen. Doch leider gehe ich davon aus, dass die
Regierung das Lager gewechselt hat. Aus diesem Grund fühlen wir uns gezwungen, dieses
‚Refugium‘ für die Linke aufzubauen. Denn wenn sie schon das Lager gewechselt haben, sollen
sie sich nicht auf eine linke Tradition berufen können. Sie hätten einen Kongress einberufen, ihren
sozialistischen Wurzeln abschwören und sich als Neoliberale oder als zynische Anhänger eines
‚Dritten Weg‘ oder irgendeines anderen programmatischen Denkens präsentieren müssen. Seit sie
das Lager gewechselt haben, sind sie nicht mehr durch die brasilianische Bevölkerung und noch
weniger durch die Linke legitimiert, die historischen Errungenschaften, die nicht durch die eine
oder andere politische Persönlichkeit oder Partei, sondern durch heldenhafte Kämpfe, durch Blut,
Schweiß und Tränen der ArbeiterInnenklasse und von SozialistInnen aus Brasilien, Lateinamerika
und der ganzen Welt durchgesetzt wurden, zunichte zu machen und mit Füßen zu treten.

ACM: Hoffen Sie, dass weitere PT-Abgeordnete und -Kader aus der PT austreten werden, um sich
der PSoL anzuschließen?

H.H.: Die PSoL, unsere geschätzte Partei des Sozialismus und der Freiheit, wird GenossInnen
aller Linksparteien, die sich uns anschließen wollen, mit offenen Armen, herzlich, solidarisch und
respektvoll aufnehmen. Bei uns sind viele AktivistInnen aus der Bevölkerung, die in der PT, der
PCdoB, der PSTU und anderen Parteien organisiert waren. Ich werde aber keinen einzigen
Schweißtropfen und keine Energie darauf verschwenden, AktivistInnen anderer Parteien gewinnen
zu wollen, und erst recht nicht Abgeordnete. Denn die Abgeordneten wissen bestens, was los ist.
Ich sage immer im Scherz, dass die Unschuldigsten unter ihnen nicht gehen, sondern in höheren
Regionen schweben.

Wenn sich diese Leute dafür entscheiden, die Regierung zu verlassen, um sich uns anzuschließen,
werden wir sie mit offenen Armen empfangen. Es liegt uns daran, die gefühlsmäßigen
Beziehungen, die wir im Lauf unserer gemeinsamen Geschichte geknüpft haben, zu bewahren,
auch wenn wir nicht mehr gemeinsam Politik machen. Wo Beziehungen in die Brüche gegangen
sind, waren sie nicht stark und ernsthaft genug, um trotz ideologischer und programmatischer
Differenzen, die im politischen Engagement auftreten, zu überstehen.

Im Ernst, ich wusste bereits, dass es außerhalb der heute bestehenden Parteistrukturen ein
sozialistisches Leben gibt, das durch Würde, Mut und Großzügigkeit gekennzeichnet wird. Und
diese Überzeugung ist in dieser Durststrecke, die ich für den Aufbau einer neuen Partei
zurücklegen musste, als ich echten Weggefährten begegnete, zur Gewissheit geworden. Für mich
war das ein richtiger Lernprozess. Ich werde mich noch mehr darum bemühen, diese Menschen zu
gewinnen, anstatt um Mitglieder und Abgeordnete anderer Parteien zu werben.

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Agência Carta Maior, Juni 2004,


http://agenciacartamaioir.uol.com.br/agencia.asp?
id=1899&coluna=reportagens.
Übernommen aus Inprecor América Latina, elektronische Publikation der
Vierten Internationale für Lateinamerika und die Karibik
<inprecor.americalatina@uol.com.br>.

Dieser Artikel erschien in Inprekorr Nr. 396/397 (November/Dezember 2004).

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