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DOI: 10.

1007/s10273-014-1642-5

EU-Krise Einleitung

Brigitte Preissl

Europa: Eindämmung der Krise, und dann?


Die in den letzten Jahren zur Bewältigung der bestehen- Weg eingeschlagen, der eine konsequente Durchsetzung
den und zur Verhinderung möglicher künftiger Krisen ein- der No-Bailout-Klausel in Zukunft wahrscheinlicher wer-
geleiteten Maßnahmen auf europäischer Ebene sind ge- den lässt als in der Vergangenheit. Welche Wirkungen die
prägt von Geschwindigkeit, Rhythmus und Logik des Kri- nun eingeleiteten Haftungsregeln auf die Souveränität der
senmanagements. Durch sie werden Weichenstellungen Mitgliedstaaten der Währungsunion haben, wird sich in
eingeleitet, die die Ausgestaltung der europäischen Ge- der praktischen Umsetzung zeigen.
meinschaft in der Zukunft entscheidend vorprägen. Da-
her ist zu fragen, ob die zum Teil zur kurzfristigen Beruhi- Die Krisenbewältigung der letzten Jahre muss sich dem
gung der Märkte eingeführten und nur unzureichend de- Vorwurf aussetzen, dass die beschlossenen Maßnahmen
mokratisch legitimierten Maßnahmen geeignet sind, den demokratisch sehr unzureichend legitimiert sind. Mögen
Euroraum auf einen wirtschaftlich und politisch stabilen die Lösungen auch technisch erfolgreich und, gemessen
Pfad zu führen. an den Erfordernissen stabiler Finanzmärkte, adäquat
sein, so kommt doch eine nachhaltige Währungsuni-
Es geht also darum, ob das nun implizit etablierte Kon- on nicht ohne die Zustimmung des Gemeinwesens und
zept für die langfristige institutionelle Architektur der dessen Bereitwilligkeit zur Anerkennung des reformierten
Währungsunion tragfähig ist. Weiter steht zur Debatte, ob Systems aus. Daher ist dieser Punkt auch für die Bewer-
unter dem Druck der Krise Maßnahmen getroffen wurden, tung der „neuen europäischen Finanzordnung“ in höchs-
die zur schnellen Bereinigung einer akuten Notsituation tem Maße relevant.
sinnvoll sind, aber für die langfristige Stabilisierung eines
europäischen Wirtschafts- und Gesellschaftssystems Für die Diskussion der oben skizzierten Fragen bot die
Defizite aufweisen, und wie diese auszugleichen sind. jährlich stattfindende Wirtschaftsdienst-Konferenz ein
Unklar ist weiterhin, ob Institutionen, die zur Bekämpfung Forum. Die Konferenz wurde im November 2013 gemein-
von akuten Krisen geschaffen wurden, dauerhaft beste- sam mit dem Zentrum für Europäische Wirtschaftsfor-
hen sollen, und ob sie geeignet sind, zukünftige Schiefla- schung (ZEW) in der Baden-Württembergischen Landes-
gen zu verhindern. vertretung in Berlin veranstaltet. Die eingeladenen Re-
ferenten präsentierten ihre Analysen aus verschiedenen
Maßnahmen zur Krisenbekämpfung dauerhaft Blickwinkeln, bewerteten institutionelle Veränderungen
stabil? und schlugen Lösungswege vor.

Mitentscheidend für die Beantwortung dieser Fragen ist Wo stehen wir? Hindernisse und Perspektiven
die weitere Entwicklung der Wirtschaftslage in den Kri-
senländern. Obwohl sich in allen Fällen eine Besserung Dringender Handlungsbedarf ergab sich schon zu Beginn
der Lage andeutet, was in einer günstigeren Verzinsung der Krise im Bereich des Bankensystems. Mit diesem
der Staatsschulden und in wieder anziehenden Wachs- Problem befasst sich der Beitrag von Isabel Schnabel,
tumsraten zum Ausdruck kommt, bleibt offen, ob der Weg in dem die im Rahmen der Schaffung einer Bankenuni-
aus der Rezession für die einzelnen Länder gleichzeitig on ergriffenen und die noch umzusetzenden Maßnahmen
der zu einer stabilen Position im Währungsraum ist. Strit- vorgestellt und diskutiert werden. Dabei geht es auch um
tig ist, wie viel Konvergenz etwa auch in der Fiskalpolitik Schieflagen, die sich aus den krisengesteuert eingesetz-
für einen funktionierenden Währungsraum nötig ist und ten Instrumenten ergeben. Im Bankensektor bestehen
bei welchem Grad an zentraler Steuerung auf EU-Ebene nach wie vor große Risiken durch notleidende Forderun-
die erwünschte Konvergenz erreicht werden kann. Unmit- gen, insbesondere in den Krisenländern, in denen sich die
telbar verbunden mit dem Problem von Krisenverhinde- Situation seit 2007 noch deutlich verschlechtert hat. Vier
rung und -bewältigung ist die Regelung der Haftung im zentrale Herausforderungen werden identifiziert: die nied-
Falle von Verlusten. Mit der Bankenunion wurden Wei- rigen Zinsen, Strukturprobleme im europäischen Banken-
chen gestellt, die Staaten und damit Steuerzahler entlas- system, starke Bindungen zwischen Staat und Banken
ten sollen. Hier kann eine gemeinsame Haftung, die vor sowie die Fragmentierung des europäischen Bankensys-
allem wegen der damit verbundenen Fehlanreize prob- tems. Aus Sicht der Autorin drängen niedrige Zinsen die
lematisch ist, verhindert werden. Implizit wird damit ein Banken aus dem traditionellen Geschäft in risikoreichere

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Anlagen, was die Gefahr der Blasenbildung erhöht. Hö-


here Eigenkapitalquoten, wie vielfach gefordert, sind hier
Dr. Brigitte Preissl ist Chefredakteurin der Zeit-
zwar durchaus sinnvoll, machen aber differenzierte Re-
gelungen notwendig, die sich in einem realistischen Zeit- schriften Wirtschaftsdienst und Intereconomics in
fenster bewegen, um Verwerfungen und nicht-intendierte Hamburg.
Wirkungen zu verhindern.

Hier sei jedoch zu beachten, dass eine – nicht zuletzt


durch politische Einflussnahme mögliche – „kreative“ Ei-
genkapitalausgestaltung die erforderliche Risikominimie-
rung verhindert. Wichtig ist der Hinweis auf hohe Risiken,
die auch im traditionellen Bankengeschäft bestehen und bestimmte Verschuldungsgrenzen, soll es einen Teil sei-
nicht nur im Geschäft mit Finanzmarktinnovationen. Als ner fiskalpolitischen Entscheidungskompetenz verlieren.
strukturell problematisch werden Überkapazitäten im eu- Hier tauchen jedoch bisher ungelöste Probleme auf, et-
ropäischen Bankensystem angesehen, die nicht, wie in wa bei der Gestaltung der Entscheidungsprozesse und
anderen Sektoren, durch Marktaustritte bereinigt werden bei deren demokratischer Legitimierung. Die bisher re-
können. alisierten Reformvorhaben im Finanzsystem deuten auf
ein Modell zentraler Haftung bei zentraler Kontrolle hin,
Eine nach wie vor bestehende Herausforderung stellt die wobei an die Stelle einer expliziten solidarischen Haftung
enge gegenseitige Abhängigkeit zwischen Banken und das OMT-Programm getreten sei. Da wohl kaum eine gro-
Staat dar. So sei etwa die Sonderbehandlung von Staats- ße Bereitschaft für eine deutlich stärkere Integration der
anleihen bei der Eigenkapitalbewertung nicht zu recht- europäischen Wirtschafts- und Finanzpolitik in der Bevöl-
fertigen. Die übermäßige Belastung der Staaten durch kerung zu mobilisieren sei, gehe es letztendlich darum,
marode Banken werde durch die Mechanismen und Ins- die Eigenverantwortung von Mitgliedstaaten und privaten
trumente der Bankenunion hingegen wirksam bekämpft. Gläubigern zu stärken. Dazu sei mehr Integration nötig.
Eine gemeinschaftliche Haftung sei jedoch nicht auszu- Mit der Bankenunion sei hier ein wichtiger Schritt getan,
schließen und als Ultima Ratio Teil eines funktionierenden ein glaubwürdiges Konzept für staatliche Insolvenzen
Krisenmanagements. Eine Gefahr wird in der Fragmen- müsse folgen.
tierung des europäischen Bankensystems gesehen, die
durch einen noch existierenden Home Bias in der natio- Fiskal- und Bankenunion
nalen Regulierung schwer zu bekämpfen ist. Auch in die-
sem Punkt wird sich die europäische Bankenregulierung Marcel Fratzscher, Claudia Lambert und Malte Rieth se-
als der nationalen überlegen erweisen. hen in den bisher eingeleiteten Maßnahmen wichtige
Schritte hin zu einer stabilen Währungsunion, halten aber
Clemens Fuest betont, die sich andeutende Überwindung sowohl in Bezug auf die Bankenunion als auch auf die fis-
der Kapitalmarktprobleme verschuldeter Euroländer sei kalpolitische Harmonisierung weitere Schritte für erfor-
von deren realwirtschaftlicher Lage zu trennen. Die leich- derlich. Sie untersuchen die gefundenen Regelungen auf
te Entspannung an den Kapitalmärkten führt er auf po- ihre Tauglichkeit, künftige Krisen zu vermeiden.
sitive Reaktionen auf das nunmehr fest etablierte OMT-
Programm (Outright Monetary Transactions) zurück, das Als wesentliches Ziel der Bankenunion wird die Entkop-
eine implizite Garantie für die Kapitalmärkte darstelle. Für pelung von Banken- und Staatsschuldenkrisen gesehen.
die Arbeitsmärkte in den Krisenländern sieht er aber auf Diese wird nach Meinung der Autoren durch das Konzept
weite Sicht keine entscheidende Erholung. Drei Faktoren der Bankenunion nur unzureichend umgesetzt. Ungeklär-
werden als zentrale Voraussetzungen für eine nachhaltige te Punkte betreffen etwa die Entscheidung, ab wann eine
Krisenbewältigung genannt: Abbau der Staatsverschul- Bank so weit in Schwierigkeiten steckt, dass der einheit-
dung, Reform des Bankensektors in Europa und Stärkung liche Abwicklungsmechanismus (Single Resolution Me-
der Wettbewerbsfähigkeit der Krisenländer. chanism, SRM) greift oder ob in einem entkoppelten Sys-
tem auf den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM)
Als eine zentrale Regel für das Funktionieren der Wäh- zurückgegriffen werden muss. Hier stehen sich zwei Po-
rungsunion gilt für Fuest die Bündelung von Kontrolle und sitionen gegenüber, eine Seite hält es für notwendig, vor
Haftung in einer Hand. Eine gemeinsame Haftung kann Inkrafttreten der Regelungen alle Verfahrensschritte ein-
es daher nur dann geben, wenn auch die Kontrolle über deutig juristisch zu regeln, während die andere sich auch
die Finanzmärkte und Staatsfinanzen (also auch über die ein flexibles Vorgehen vorstellen kann, das es erlaubt, die
Verschuldung) zentral verwaltet wird. Verletzt ein Land Bankenunion schnell zu realisieren.

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Ob die Kalkulation der im Abwicklungsfonds bereitzu- verständigenrat) eine Regelung, die die Wirtschafts- und
stellenden Mittel aufgeht, bleibt abzuwarten. Zumindest Finanzpolitik weitgehend in nationaler Verantwortung
deutet sich bereits jetzt an, dass mit der Implementierung belässt. Sie sehen Wirtschaftspolitik als Entdeckungs-
der Bankenunion nicht gewartet werden kann, bis der ge- prozess, der nur dann erfolgreich sein kann, wenn Vari-
plante Fonds hinreichend ausgestattet ist. Wenig überra- anten zugelassen werden. Eventuell mit unterschiedli-
schend kommen die Autoren zu dem Schluss, dass eine chen Politikansätzen verbundene Risiken seien durch
angestrebte Lockerung der Verbindung von Staats- und das OMT-Programm hinreichend abgedeckt. Notwendige
Bankfinanzen nur funktionieren kann, wenn es Rechts- Ergänzung des institutionellen Rahmens ist dann die Ban-
sicherheit bezüglich der Institutionen und Verfahren gibt kenunion. Wichtig ist aber, so die Autoren, dass zunächst
und eine supranationale Aufsichtspflicht besteht. Lang- eine stabile Lage im Währungsraum erreicht sein muss,
fristig wird eine Fiskalunion als Ergänzung der Banken- da ein tragfähiges Konzept für den Währungsraum immer
union als für die Funktionsfähigkeit des Währungsraumes von einer stabilen Situation aus gedacht werden müsse.
vorteilhafte Lösung angesehen. Schließlich folgern die
Autoren, dass die Stabilisierung von Finanzmärkten durch Jürgen von Hagen beschäftigt sich mit der Frage, wie
weitere Bemühungen zum Schuldenabbau und durch ei- Governance im Euroraum angesichts weiterhin überbor-
ne Insolvenzordnung für Staaten ergänzt werden muss. dender öffentlicher Schulden aussehen könnte. Er weist
Nur so können Spielräume für eine aktive Konjunktursteu- auf die Schwierigkeit hin, in einem Währungsraum mit un-
erung auf nationaler Ebene zurückgewonnen werden. terschiedlichen Volkswirtschaften die Inflationsraten zu
kontrollieren. Dies erhöht die Gefahr, dass Gläubiger we-
Souveränität und gemeinschaftliche Haftung gen höherer Ausfallrisiken hohe Risikoprämien in die Zin-
sen einrechnen. In der Eurokrise habe sich gezeigt, dass
Dem Problem, über die jetzige Krise hinaus Stabilität zu Staatsschulden nicht mehr für so sicher gehalten werden,
schaffen und so zukünftige tiefgreifende Krisen zu verhin- dass auf diese Risikoprämie verzichtet werden kann.
dern, widmet sich der Beitrag von Christoph M. Schmidt
und Benjamin Weigert. Die Autoren stützen sich dabei Von Hagen präsentiert drei Szenarien für den Umgang mit
weitgehend auf die Positionen des Sachverständigenra- dieser Ausgangslage: eine Fiskalunion, eine Schulden-
tes zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Ent- union und eine monetäre Union mit fiskalischer Souve-
wicklung. Die leichte Besserung der Lage in den Krisen- ränität. Eine Fiskalunion wäre mit der Zentralisierung der
ländern dürfe nicht dazu verleiten, in den Reformbemü- fiskalpolitischen Kompetenzen auf EU-Ebene verbunden.
hungen nachzulassen. Hier stehen vor allem die Schaf- Kredite werden zentral verteilt und die Haftung liegt auch
fung eines stabilen Rahmens für die Währungsunion auf auf Unionsebene. Die Schuldenunion hingegen zeichnet
der Agenda ebenso wie die Abarbeitung von „Altlasten“, sich dadurch aus, dass die Mitgliedstaaten sich gemäß
also ein Plan für die weitere Schuldentilgung. ihrer eigenen Präferenzen verschulden können, die Ge-
meinschaft aber über verschiedene Mechanismen bei ei-
Für die erste Aufgabe wird auf das Konzept Maastricht 2.0 ner Überschuldung haftet (ein Szenario, das von Hagen
des Sachverständigenrats verwiesen. Die zweite Aufgabe für das gegenwärtig verfolgte, aber nicht stabile ansieht).
soll durch einen europäischen Schuldentilgungspakt er- Bei der monetären Union sind die Mitglieder voll für ih-
füllt werden, der einen auf Solidarität beruhenden Schul- re Staatsfinanzen verantwortlich, können aber eine sou-
dentilgungsfonds mit Auflagen für Haushaltskonsolidie- veräne Fiskalpolitik betreiben. Dies setzt die Einhaltung
rung und Strukturreformen für die verschuldeten Länder bestimmter Regeln für die Bewältigung möglicher Krisen
verbindet. Insbesondere müsse daher darauf geachtet voraus, die einen Verbleib der verschuldeten Länder in
werden, dass auch bei einer verbesserten Wirtschaftsla- der Gemeinschaft betreffen sowie Verhandlungslösungen
ge die Anreize für weitere Reformen nicht geringer wer- zwischen Gläubigern und Schuldnern und das Verhältnis
den. Maastricht 2.0 versucht, die Fehler des ursprüngli- von Staatsschulden und Bankenregulierung. Letztendlich
chen Maastricht-Vertrages zu korrigieren. Wurde dort auf müssen sich die Mitgliedsländer zwischen Szenario 1 und
Marktmechanismen gesetzt, die eine Disziplinierungs- 3 entscheiden.
funktion für Staaten erfüllen sollten, setzt Maastricht 2.0
auf eine regelbasierte Finanzpolitik und mahnt eine Koor- Demokratische Legitimierung
dinierung der nationalstaatlichen Haushaltspolitik an.
Wie verhält sich nun die Euro-Rettung zu den Erfordernis-
Ebenso wie Fuest betonen Schmidt und Weigert die Not- sen demokratischer Willensbildung und der Legitimierung
wendigkeit, Kontrolle und Haftung auf der gleichen Ebe- staatlichen Handelns durch demokratische Institutionen
ne anzusiedeln. Anders als Fuest jedoch, bevorzugen und Prozesse? Mit dieser Frage befasst sich der Beitrag
die beiden Autoren (in Übereinstimmung mit dem Sach- von Fritz W. Scharpf. Umfragen haben ergeben, dass das

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Vertrauen der europäischen Bevölkerung in die Europä- finanziert werden sollen. Das von der EZB bereitzustellen-
ische Union besonders in den Krisenländern, aber auch de Grundkapital soll dann laufend durch aus der Finanz-
in Deutschland, seit 2007 drastisch zurückgegangen ist. transaktionssteuer gewonnene Mittel ergänzt werden.

Scharpf benutzt einen Demokratiebegriff, der auf Abra- Um die virulente Verschuldungsproblematik in den Griff
ham Lincoln zurückgeht: Regierung des Volkes, durch zu bekommen, sei eine Stärkung der Staatseinnahmen
das Volk, für das Volk. Die Umsetzung dieser Prinzipien in unverzichtbar. Hierzu solle zum einen die Effektivität der
der Europäischen Union weist für alle drei Komponenten Steuereintreibung verbessert werden, und zum andern
Defizite auf. Zu sehr verlasse sich die EU auf output-ori- solle eine Steuerharmonisierung Schieflagen in der EU
entierte Legitimierung: Sicherung des Friedens, steigen- beseitigen.
der Wohlstand und fortschreitende Integration dienen
als Indikatoren für die Erfüllung des Volksauftrags durch Als dritte Säule wird – wie bereits von einigen Autoren
die Institutionen der EU. Eine input-orientierte Politik, vorgesehen – die Bankenunion zentraler Bestandteil des
wie sie in den Nationalstaaten herrscht, wird im Namen Krisenmanagements werden. Diese soll weiter ausge-
der Krisenbewältigung auf EU-Ebene außer Kraft ge- baut, und die zentrale Bankenaufsicht soll durch einheitli-
setzt. Folgerichtig fordert Scharpf, die Frage einer input- che Regeln für die Sanierung und Abwicklung von Banken
orientierten Legitimität der politischen Handlungen auf ergänzt werden. Um ein tragfähiges Konzept für die Wäh-
europäischer Ebene zu diskutieren. Hier sieht er jedoch rungsunion aufbauen zu können, hält Ratzmann ebenso
erhebliche Hindernisse, denn Entscheidungen über die wie Schmidt und Weigert eine Lösung der Altschulden-
Europolitik seien Institutionen anvertraut, die sich „in per- problematik für unabdingbar. Zudem weist er auf das un-
fekter Weise gegen die Einflüsse demokratischer Inputs“ gelöste Problem unregulierter Schattenbanken hin.
abschirmen.
Fazit
Trotz aller institutionellen Hindernisse hält Scharpf eine
demokratische Diskussion über die Euro-Rettungspolitik Insgesamt wird der eingeschlagene Weg künftiger Eu-
nicht für unmöglich, aber gegenwärtig für nicht umsetz- ropolitik von den Autoren als Fortschritt gegenüber der
bar, zumindest nicht im Rahmen der anstehenden Wah- Vorkrisensituation und als gangbarer Weg gesehen. Es
len für das Europäische Parlament. Dies führt er auf ein verbleibt jedoch eine Reihe von Themen, die weiterer
„demokratisches Dilemma“ der Europolitik zurück: die Diskussion bedürfen. Dies betrifft etwa die Notwendig-
eingeführten Institutionen sehen eine input-orientierte keit einer Fiskalunion zur Stabilisierung der Währungs-
Demokratie nicht vor, und die gegenwärtige Krisensitu- union und deren Zentralisierungsgrad. Zum Teil sind die
ation würde wegen höchst brisanter Verteilungskämpfe ergriffenen Maßnahmen unvollständig, etwa bei der kon-
zu einer schwierigen politischen Lage führen, in der das sistenten Regelung von Haftung und Kontrolle, zum Teil
Vorhaben einer europäischen Integration deutlich zurück- bedürfen sie der Nachbesserung, z.B. bei der zeitlichen
geworfen werden könnte. Planung der Umsetzung einer strikteren Bankenregulie-
rung oder bei durch Ad-hoc-Maßnahmen entstandenen
Politische Perspektiven Fehlanreizen. Das Konzept der Bankenunion gibt Ant-
wort auf drängende Fragen, es bleibt aber abzuwarten,
Den Abschluss der Konferenz bildete ein Ausblick auf die ob diese wie gewünscht auf die Entlastung der Staats-
politischen Weichenstellungen zur weiteren Entwicklung haushalte von Bankschulden wirkt und so eine klarere
der Währungsunion. Volker Ratzmann, Koordinator für Trennung der Staatsfinanzen vom Bankensystem ge-
Bundesangelegenheiten in der Landesvertretung Baden- lingt. Unklar ist vor allem, wie die Wirtschaft auf die neue
Württemberg in Berlin skizzierte die Eckpunkte der wirt- europäische Bankenregulierung reagiert. Reicht es, die
schaftspolitischen Agenda, die er in „vier Säulen“ zusam- Märkte, gemeint ist das Finanzsystem, zu stabilisieren,
menfasste. um so viel Vertrauen zu erzeugen, dass auch Wachstum
und Beschäftigung wieder auf einen akzeptablen Kurs
Nachdem in allen Länder des Euroraums und gelangen? Auch ist der Einfluss der Regulierung auf
insbesondere in Griechenland, Irland, Italien, Portugal die Kreditvergabe der Banken an die Wirtschaft noch
und Spanien durch die mit den Krisen und deren Bewäl- nicht abzusehen. Mittel- und langfristig wird die Frage
tigung einhergehenden Rezessionen die Wirtschaftskraft nach der demokratischen Verfassung eines Euroraums
teils erheblich geschwächt wurde, gilt es, zunächst wie- gestellt werden müssen – eine neue Runde von Krisen-
der eine stabilitätsgerechte Wachstumsdynamik zu errei- management durch Eliten hinter verschlossenen Türen
chen. Geschehen soll dies durch Wachstumsanreize, die dürfte kaum ohne gravierende Folgen für die politische
durch einen zusätzlichen europäischen Wachstumsfonds Stabilität durchzustehen sein.

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