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Anlage 3 zur DRUCKSACHE G-10/216

Energie & Klimaschutz


Christof Timpe
c.timpe@oeko.de
7. Oktober 2010

Kurz-Stellungnahme zu den Auswirkungen der geplanten Laufzeitverlän-


gerung für deutsche Atomkraftwerke auf die Energie- und Klimapolitik
der Stadt Freiburg

Vorbemerkung: In dieser Kurz-Stellungnahme kann nur auf wenige, besonders wesentliche Effekte
eingegangen werden. Zu weiteren, insbesondere wirtschaftlichen Details vgl. u.a. die Kurzanalyse des
Öko-Instituts (im Internet: http://www.oeko.de/oekodoc/1066/2010-112-de.pdf).

1 Sachstand
Die Bundesregierung hat am 5. September 2010 ein Konzept vereinbart, nach dem die derzeit
im Atomgesetz festgelegten Restlaufzeiten für die deutschen Atomkraftwerke (AKW) um
durchschnittlich zwölf Jahre verlängert werden sollen. Weitere Details der geplanten Laufzeit-
verlängerung wurden in einem Vertrag zwischen der Bundesregierung und den vier AKW-
Betreiberkonzernen E.ON, RWE, Vattenfall Europe und EnBW vom 6. September 2010 fest-
gelegt.

2 Voraussichtliche Auswirkungen der Laufzeitverlängerung auf nati-


onaler Ebene
Die nun geplante Änderung des Atomgesetzes (AtG) muss zwar noch vom Bundestag verab-
schiedet werden, hier sind jedoch aufgrund der klaren Mehrheit der Regierungsfraktionen kei-
ne Probleme zu erwarten. Da die Bundesregierung plant, den Bundesrat an dieser Gesetzes-
änderung nicht zu beteiligen, ist mit Verfassungsklagen gegen die Änderung des AtG zu rech-
nen. Dies wird dazu führen, dass eine rechtliche Klarheit über die geplante Laufzeitverlänge-
rung voraussichtlich erst in einigen Jahren durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes
geschaffen wird. Zudem ist damit zu rechnen, dass eine künftige Bundesregierung die Ent-
scheidung zum Rückzug vom Atomausstieg zumindest in wesentlichen Teilen wieder rück-
gängig macht. Insofern schafft der Beschluss der Bundesregierung auf absehbare Zeit eine
erhebliche Unsicherheit über die rechtlichen Rahmenbedingungen der Atomkraft in Deutsch-
land und damit auch für die gesamte Energie- und Klimapolitik.
Als wesentliche Effekte der geplanten Laufzeitverlängerung sind zu erwarten:
· Eine weitgehende Zementierung der dominanten Position der vier Konzerne E.ON,
RWE, Vattenfall Europe und EnBW bei der Stromerzeugung in Deutschland. Die mit
dem bisher gültigen Ausstiegsfahrplan verknüpften Erwartungen auf mehr Wettbe-
werb in der Stromerzeugung und damit potenziell einer größeren Rolle kommunaler
Stromerzeuger werden obsolet bzw. im besten Fall um mehr als zehn Jahre verscho-
ben. Bereits getätigte Investitionen in andere Kraftwerke werden durch die Laufzeit-
verlängerung in ihrem Wert reduziert. Dies gilt insbesondere aufgrund der zu erwar-
tenden deutlich geringeren Auslastung nicht nuklearer Kraftwerke, die sich in einer
„Schere“ zwischen Strom aus Erneuerbaren Energien mit Vorrangeinspeisung und
den weiter laufenden AKW mit sehr niedrigen variablen Kosten befinden werden.
· Durch die nun weitgehend festgeschriebene Grundlaststromerzeugung in Atomkraft-
werken wird die Integration von Strom aus Erneuerbaren Energien und Kraft-Wärme-
Kopplung in das System der Stromversorgung Deutschlands deutlich schwieriger. Zu
erwarten ist, dass der bisher im EEG festgeschriebene Vorrang von Strom aus Er-
neuerbaren Energien im Stromnetz künftig zunehmend in Frage gestellt wird.

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Anlage 3 zur DRUCKSACHE G-10/216

· Aufgrund des bis 2020 bereits verbindlich festgelegten Ziels eines Anteils von 18%
Erneuerbarer Energien am Endenergiebedarf in Deutschland könnten sich evtl. die
Förderstrategien auf Bundesebene stärker dem Wärmesektor sowie dem Verkehrsbe-
reich zuwenden.
· Durch die Laufzeitverlängerung werden die vier AKW-Betreiberkonzerne Zusatzerträ-
ge von knapp 58 Mrd. € (im eher unrealistischen Fall stagnierender Strompreise) bzw.
ca. 94 Mrd. € (in einem Szenario moderat steigender Strompreise) erzielen (jeweils
ausgedrückt in realen Preisen von 2010). Hinzu kommen voraussichtlich zusätzliche
Finanzerträge von ca. 20 Mrd. € aus der längeren Anlage der Entsorgungsrückstel-
lungen der KKW. Die von der Bundesregierung geplanten Maßnahmen zur Abschöp-
fung eines Teils dieser Zusatzgewinne (Kernbrennstoffsteuer und Abführungen in das
Sondervermögen zur Förderung von Erneuerbaren Energien und Energieeffizienz)
werden voraussichtlich maximal 50%, vermutlich eher nur knapp 40% dieser Zusatz-
erträge erfassen. Die zu erwartenden Zusatzinvestitionen für die Anlagensicherheit
der AKW werden weit unter den somit bei den Betreibern verbleibenden Zusatzge-
winnen liegen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil inzwischen bekannt geworden ist,
dass die Bundesregierung parallel zur Laufzeitverlängerung insgesamt eine Absen-
kung der Sicherheitsanforderungen an AKW plant. In der Gesamtsicht wird durch die-
se Maßnahmen die Wettbewerbsposition und Finanzkraft der vier Betreiberkonzerne
im Energiemarkt massiv gestärkt.
· Die zum Teil erheblichen dämpfenden Effekte auf die Großhandelspreise für Strom,
die einige Autoren aufgrund der Laufzeitverlängerung prognostizieren, werden nach
Einschätzung des Öko-Institut nur zum Teil realisiert werden. Anstelle eines idealen
Marktgeschehens ist (weiterhin) mit einem strategischen Verhalten der großen Strom-
erzeuger auf dem Strommarkt zu rechnen mit dem Ziel, die Strompreise nicht absin-
ken bzw. steigen zu lassen. Zugleich ist auch nur mit moderat niedrigeren Preisen für
Emissionsrechte zu rechnen.
· Zumindest bis zum Jahr 2020 wird die Laufzeitverlängerung zu keiner Verringerung
der CO2-Emissionen führen, denn die Emissionsbudgets aller Akteure im EU-
Emissionshandelssystem sind bis 2020 bereits festgeschrieben.
· Aufgrund der begrenzten Abschöpfung der Zusatzgewinne der AKW-Betreiber wird im
Zeitraum bis 2016 bundesweit nur ein äußerst begrenztes Budget von ca. 215 Mio. €
pro Jahr für die Förderung von Erneuerbaren Energien und Energieeffizienz zur Ver-
fügung stehen.

3 Hieraus abgeleitete voraussichtliche Auswirkungen auf die Ener-


gie- und Klimapolitik der Stadt Freiburg
· Generell werden sich die Rahmenbedingungen für die Stromerzeugung aus Erneuer-
baren Energien und Kraft-Wärme-Kopplung in Freiburg tendenziell verschlechtern.
Insbesondere für neue Anlagen Erneuerbarer Energien könnte die Förderung durch
das EEG deutlicher als bisher absehbar reduziert werden und die vorrangige Einspei-
sung in die Netze in Frage gestellt werden.
· Die Wettbewerbssituation der badenova im Vergleich zu den AKW-Betreiber-
konzernen, lokal insbesondere der EnBW, wird sich spürbar verschlechtern. Hierzu
trägt die gegenüber dem bisher geplanten Ausstiegspfad gestärkte Erzeugungspositi-
on der Betreiber ebenso bei wie deren deutlich verbesserte finanzielle Position.
· Aufgrund der eher geringen erwarteten Veränderungen bei den Preisen für Emissi-
onsrechte und bei den Strompreisen ergeben sich voraussichtlich nur unwesentlich
veränderte direkte Anreize für Energieeffizienz und Klimaschutzmaßnahmen im Sek-
tor des Emissionshandels. Auch die Vergütung für KWK-Anlagen nach dem KWKG
wird sich vermutlich nicht wesentlich verändern.
· Aufgrund des höheren Anteils von Stromerzeugung mit niedrigen spezifischen CO2-
Emissionen im Grundlastbereich ist damit zu rechnen, dass die derzeitigen Bemühun-

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Anlage 3 zur DRUCKSACHE G-10/216

gen zum Rückbau von elektrischen Nachtspeicherheizungen künftig wieder abge-


schwächt werden.
· Aus den geringen abgeschöpften Zusatzerlösen der AKW-Betreiber ist nur mit einem
unwesentlich erhöhten Angebot bundesweiter Fördermittel für Freiburg zu rechnen.
Die Engpässe, die sich u.a. aufgrund der sog. Schuldenbremse im Bundeshaushalt
ergeben, können durch die bei den KKW-Betreibern abgeschöpften Beträge bei wei-
tem nicht ausgeglichen werden. Insofern wird sich hier kein spürbarer positiver Effekt
für die in Freiburg zur Verfügung stehenden Fördermittel des Bundes ergeben.
· Sofern die Bundesregierung jedoch eine verstärkte Förderung für Wärme aus Erneu-
erbaren Energien realisiert, könnte Freiburg evtl. von Fördermitteln oder besseren
rechtlichen Rahmenbedingungen in diesem Bereich profitieren.
· Die Bemühungen der Stadt Freiburg zur Unabhängigkeit von Atomstrom werden
durch die Laufzeitverlängerung nicht direkt tangiert. Trotz längerer Betriebszeiten von
AKW können die badenova sowie die Stadt und alle Energieverbraucher im Stadtge-
biet ihren Strombedarf auf nachhaltige Energieträger umstellen. Hierzu tragen auch
die Möglichkeiten des europaweit liberalisierten Strommarkts bei. Die Rahmenbedin-
gungen für die Eigenerzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien und Kraft-
Wärme-Kopplung werden sich jedoch graduell verschlechtern (s.o.). Dementspre-
chend wird es auch schwieriger werden, das Ziel einer Deckung von 10% des Strom-
bedarfs der Stadt aus eigenen Anlagen zur Nutzung von Erneuerbaren Energien zu
erreichen.
· Wichtige Schlüsselprojekte für den Klimaschutz in Freiburg wie z.B. die Umstellung
des Uni-Heizkraftwerks auf Biomasse, werden durch den (wenn auch voraussichtlich
nur leicht) absinkenden Preis für CO2-Emissionsrechte weiter erschwert.
Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die Brennelementesteuer primär mit der Begründung
eingeführt wurde, dass die den AKW-Betreibern aufgrund der Einführung des EU-Emissions-
handels ohne eigene Leistung zusätzlich zufließenden Zusatzerlöse in wesentlichen Teilen
abgeschöpft werden sollten. Dementsprechend war auch die ursprünglich geplante Höhe der
Steuer bestimmt worden. Das Argument, dass die Kommunen durch die Absetzbarkeit der
Aufwendungen für die Brennelementesteuer schlechter gestellt würden, trifft insofern zumin-
dest im Vergleich zur Situation vor der Einführung des EU-Emissionshandels nicht zu.

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