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Jahresbericht 2009
Inhalt Editorial
Ein Haus als Kraftwerk Ist ein energieautarkes Österreich möglich? Ist es überhaupt
Das Wohnhaus von Familie Pieringer- wünschenswert? Darüber diskutierten Expertinnen und
Zimmel erzeugt mehr Energie, als es Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft mit Umweltmi-
verbraucht. nister Niki Berlakovich. Die spannende Debatte können Sie
Seite 3 auf den Seiten 4 bis 5 nachlesen. Auch wenn im Großen noch
diskutiert wird, im Kleinen gibt es bereits erste erfolgreiche
Energieautarkie möglich machen Projekte und Modellregionen, die es geschafft haben, sich
Der Umweltminister diskutiert mit ganz oder zum Großteil von fossilen Energieträgern unab-
Expertinnen und Experten aus Wissenschaft hängig zu machen. Dazu gehört beispielsweise der Biosphä-
und Wirtschaft. renpark Großes Walsertal in Vorarlberg: Dort werden bereits
Seiten 4 bis 5 85 Prozent des verbrauchten Stromes als Ökostrom in talei-
genen Kleinwasserkraftwerken und Fotovoltaikanlagen
Im Tal der Ambitionen erzeugt. Außerdem hat die Region mit dem neuen Gemein-
Das Große Walsertal gilt als Energie- und dezentrum in St. Gerold seit 2009 ein zusätzliches Highlight
Klima-Musterregion. zu verbuchen. Auf Seite 6 können Sie sich davon überzeugen.
Seite 6 Aber auch der Osten des Landes hat einiges zu bieten.
So steht in Niederösterreich ein Einfamilienhaus, das mehr
Die Fahrschule als Sparschule Strom erzeugt, als es verbraucht. In Wien gibt es das erste
Was man in einer „klima:aktiv mobil“- Null-Energie-Bilanz-Stadthotel der Welt und in der Steier-
Fahrschule so alles lernt. mark den ersten Unternehmenssitz in Holzpassivhausbau-
Seite 15 weise in Europa. Und während in der grünen Mark auch
„Energieschnüffler“ unterwegs sind, bringt die „klima:aktiv
Eine Welt wird gut mobil“- Fahrschule den Verkehrsteilnehmerinnen und -teil-
Die Zentrale der Eine Welt Handel AG ist nehmern von morgen bei, wie man mit weniger Gas genauso
Europas erster Unternehmenssitz in schnell ans Ziel kommt.
Holzpassivbauweise.
Seiten 16 bis 17
Klima-Rätsel
Waagrecht:
4 Stell’s ab, das Auto, in den Grünanlagen?
7 Später ergreiflich? So lässt sich die Bauweise auf Dauer
ressourcenschonend gestalten! (s. S. 16–17)
9 Auch der WÄRMEPUMPE ist zu verdanken, was die Welt intakt hält
10 Treibstoff für Elektro-Fahrzeuge? Der Witz be-geist-ert!
11 Bei gnä’ Frau Französin hat Adam Unterschlupf gefunden
12 Energieautarkie gehört dort zum ländle-lichen Lebensstil (s. S. 6)
14 Sie verleiht dem Fundament die Grundlage
15 Kein erbauliches Konzept: Hast du strategisch keine Ahnung, / dann lass
die Finger von der –!
18 Ich bin’s, deine Buchnummer!
19 Nacktbildlich gesprochen: So werden SportsfreundInnen für 6
senkrecht tätig?
20 Aus einer EINGEBUNG heraus fallen uns zu ihr Morath und
Meysel ein
21 Zum herrichtigen Modernisieren lasst uns anreisen! (s. S. 16–17)
23 Ortsfrage: Was gibt, wer aufgibt?
24 Alternativ dazu können ErFahrene Ökostrom zapfen
Senkrecht:
1 Was wir nicht nur in St. Andrä errichten wördern, ist als Gebäude
nicht 19 waagrecht? (s. S. 3)
2 Krankenhausreif: Sie erzielen mit Aufschneiden operative(!) Ergebnisse
3 Unter PALMEN lassen wir dort die Rindviecher hoch leben
4 Übern „Daumen mal“ gepeilt, wird die Zahl im Kreis verteilt?
BAUEN 21 SO 22 NA
5 Urlaubsquiz: Trägst du auf dem Dia gar Marokkassins dort vom Bazar?
11 MOBILITAET 13 ENERGIE 16 NAVI 17
6 Alle Wetter: Es sollte nicht nur in Steyr unter Schutz stehen (s. S. 15)
ALM 4 PI 5 AGADIR 6 KLIMA 8 AUTARK
8 So präsentiert sich 13 senkrecht zufolge die Unabhängigkeitsbewegung
S: 1 PASSIVHAUS 2 CHIRURGINNEN 3
auf der Selbstversorgerhütte (s. S. 3)
11 Wenn ich den Leib mit Tao stärke, dient es der Fortbewegung (s. S. 6)
INGE 21 SANIEREN 23 WO 24 TANKEN
13 Im Sinne der Effizienz erneuerbarer Kraft-Ausdruck (s. S. 18)
BASIS 15 PLANUNG 18 ISBN 19 AKTIV 20
16 Sind keine PfadfinderInnen an Bord, lass dich doch von ihm lotsen
ESPRIT 11 MADAME 12 VORARLBERG 14
17 Darauf könnt ihr … zählen, wenn wir Stein auf Stein die Mauer machen
W: 4 PARKS 7 NACHHALTIG 9 UM 10
21 Auf diese Tour am Tag d. Hrn.
Lösungen:
22 Hm? Das halbe Kochsalz geht für die KNACKWURST drauf!
2 Juni 2010
Ein Haus als Kraftwerk
„Wir wollten ökologisch bauen, weil wir so we- einer Wohnfläche von 142 Quadratmetern.“
Selbstversorgung nige Giftstoffe wie möglich im Haus haben Mit Heizung, Haushaltsstrom und Warmwas-
wollten“, erzählt Daniela Pieringer. Es habe ser käme man auf 600 Euro im Jahr.
wird bei Familie sich dann schnell herausgestellt, dass ökolo- Demgegenüber stehen „Einnahmen“ aus
gisch bauen energiesparend bauen bedeutet. dem geförderten Fotovoltaik-Einspeisetarif in
Pieringer-Zimmel „Und beim Energiesparen bist du fanatisch“, Höhe von 2300 Euro jährlich. „Sobald es leist-
Juni 2010 3
Über die
Möglichkeit,
unabhängig
zu sein
Umweltminister Niki Berlakovich
diskutierte mit Angela Köppl (WIFO),
Helmut Haberl (Alpen-Adria-
Universität) und Werner Steinecker
(Energie AG) über die Vision eines
energieautarken Österreich.
Österreich ist besonders von Erdgasimporten ab- auch gezeigt, wie verwundbar wir durch die Aber nur dort, wo es sinnvoll ist. Verkehrsbereich. Im Verkehrsbereich ist es
hängig. Angesichts dieser Tatsache stellt sich die Abhängigkeit von russischem Erdgas sind. Berlakovich: Natürlich kann das Modell eine systemische Frage, denn es reicht nicht,
Frage: Kann Österreich überhaupt energieau- Hinzu kommt: Die fossilen Energieträger nei- Güssing nicht überall 1:1 übertragen werden, ein Antriebssystem durch ein anderes zu erset-
tark sein? gen sich dem Ende zu, und sie sind nicht zu- denn jede Region hat ein anderes Potenzial – zen. Das heißt, die Energie- und Emissionsfra-
Steinecker: Ich glaube, wir sind nicht in der letzt Hauptverursacher für den Klimawandel. sei es Sonnenenergie, sei es Windkraft oder ge in der Mobilität ist nicht durch eine Substi-
Lage, Energieautarkie, sauber gerechnet und Das Ziel ist daher: raus aus den fossilen Ener- Biomasse. Danach soll sich die dezentrale tution des Verbrennungsmotors durch den
auf Petajoule runtergebrochen, zu erlangen. gieträgern. Das wird nicht von heute auf mor- Energieversorgung ausrichten. Elektromotor zu lösen. Es spielen hier bei-
Ich bin aber überzeugt, dass wir vernünftige gen gehen, aber am Ende haben wir ein ener- spielsweise auch der Verkehrsträgermix oder
Beiträge leisten können, um diesem ehrgeizi- gieautarkes Österreich. Damit ändert sich unser gesamtes Energiesystem. die Raumplanung eine Rolle, Stichwort
gen Ziel näherzukommen. Es Welche Auswirkungen wird das haben? Zwangsmobilität, Zersiedelung.
gibt schon jetzt Regionen, Ich bin überzeugt, Wie kann das gelingen? Köppl: Wir brauchen gar nicht erst über Ener- Berlakovich: Wobei das Modell Güssing
etwa Güssing, wo das gelingt.
Aber es wird nie hundertpro-
dass wir vernünftige Berlakovich: Das Beispiel
Güssing ist schon genannt
gieautarkie sprechen, wenn wir nicht unseren Wärme-, Strom- und Treibstoffbedarf mit
Energiebedarf zunächst reduzieren, also Effi- einberechnet. Dort werden auch Biotreibstof-
zentig sein. Derzeit werden Beiträge leisten worden. Es kann als Modell zienzpotenziale nutzen und fe der zweiten Generation er-
rund 70 Prozent der in Öster- können, um dienen für eine Region, wo per die Energieproduktivität Energieautarkie ist zeugt.
deutlich steigern. Was wir machbar, auch wenn Haberl: Ganz anders würde
reich verbrauchten Energie
importiert – das entspricht in
diesem ehrgeizigen Saldo mehr Energie aus erneu-
erbaren Energieträgern er- dann noch brauchen, sollten sich die Situation wahrschein-
etwa der Menge, die 275 Do- Ziel näherzukommen. zeugt als verbraucht wird. wir möglichst mit erneuerba-
es keinen Königsweg lich in Wien darstellen. Weil
naukraftwerke produzieren. Werner Steinecker Viele Gemeinden und Städte ren Energien befriedigen. Das dahin gibt. hier nicht die Fläche zur Ver-
haben den Willen, diesem Bei- wiederum kann mittels de- Niki Berlakovich fügung steht, um alle Einwoh-
Das heißt, Sie sehen die Möglichkeit der Energie- spiel nachzueifern. Deshalb habe ich im Vor- zentraler Strukturen erfolgen, ner zu versorgen.
autarkie auf bestimmte Regionen beschränkt? jahr über den Klima- und Energiefonds ein das heißt, wir greifen auf Ressourcen zurück,
Steinecker: Ja. Programm ausgeschrieben, nämlich in Rich- die es vor Ort gibt. Damit einhergehend kön- Sie haben 2004 eine Studie herausgebracht, de-
tung Klima- und Energiemodellregionen. nen Energiekonsumenten so auch zu Energie- ren Kernsatz lautete: „Ohne fossile Energieträger
Verfolgt nicht die Politik genau diesen Ansatz, Fünfzig Bewerber gab es, 37 haben den Zu- lieferanten werden, mit entsprechenden An- wäre unser Konsum nicht haltbar.“
autarke Modellregionen zu schaffen? schlag bekommen. Ein Regionalmanager un- forderungen an die Verteilnetze für Elektrizi- Haberl: Ich sehe das als eine Herausforde-
Berlakovich: Ich bin für ein energieautarkes terstützt diese Gemeinden in weiterer Folge, tät und Wärme. rung für die Technik, aber nicht nur – vor al-
Österreich und halte das für eine faszinieren- Energieautarkie-Modelle zu konzipieren, um lem geht es um unsere Lebensweise. Man
de Vision. Ein Blick auf die internationalen damit eine Entwicklung in der Region und an In welchen Bereichen könnte Energieautarkie muss im Zusammenhang mit Energieautar-
Entwicklungen zeigt, dass die Energiefrage der Basis ins Rollen zu bringen. Neben dem am ehesten erreicht werden? kie auch über die Produkte nachdenken, die
immer mehr zur Machtfrage wird: Energie Denkanstoß bringt das regionale Wertschöp- Köppl: Im Gebäudebereich ist eine Transfor- wir konsumieren. Deren graue Energie muss
wird ein politisches Druckmittel. Es hat sich fung und Arbeitsplätze. mation sicher schneller möglich als etwa im ebenfalls berücksichtigt werden. Ich frage
4 Juni 2010
Am Thema „Energieautar-
kes Österreich“ entzündete
sich eine Diskussion um
Energiepolitik und -versor-
gung, Klimawandel und
etwaige Folgen für Wirt-
schaft und Gesellschaft.
Es diskutierten (von links
nach rechts): Niki
Berlakovich, Angela
Köppl, Helmut Haberl
und Werner Steinecker.
Foto: Corn
mich, ob Energieautarkie überhaupt das rich- bensqualität. Ich will unser Energieversor- Umdenken bei der Lebensweise wird notwen- Berlakovich: Energieautarkie ist machbar,
tige Ziel ist. gungssytem umbauen und neu ausrichten. dig sein. auch wenn es keinen Königsweg dahin gibt.
Genau das steht in der Energiestrategie. Klar, Steinecker: Immerhin sind wir so weit, dass
Was erscheint Ihnen wichtiger? Energieautarkie als Vision ist auch in der Ener- Elektromobilität ein Thema ist. Wenn es so weit ist, welche Auswirkungen hat das
Haberl: Die Treibhausgasemissionen zu re- giewirtschaft umstritten. Trotzdem ist es ein Haberl: Aber die Technik allein wird das Pro- auf unseren Alltag?
duzieren und den weltweiten Temperaturan- faszinierendes Thema. blem nicht lösen. Wenn wir jetzt vorwärts ge- Köppl: Wir sollten lernen uns an Energie-
stieg auf zwei Grad zu begrenzen. Überschrei- hen, hin zu einem dezentralerem Energiesys- dienstleistungen zu orientieren, beispielsweise
ten wir die zwei Grad, nimmt das Risiko mas- Wie könnte man die Energiewirtschaft davon tem, das viele der genannten Techniken vereint, ein angenehm temperiertes Gebäude. Denn es
siv zu, sogenannte „Kipp-Punkte“ im Erdsys- überzeugen? dann wird das unsere Gesellschaft vermutlich sind die Energiedienstleistungen, die unser
tem anzustoßen, die katastrophale Verände- Steinecker: Man muss sich davon verabschie- ebenso stark verändern, wie Wohlbefinden und unseren
rungen auslösen würden. Wenn etwa der Per- den, quasi religiös zu behaupten, das eine ist der Übergang von Biomasse Ich habe nichts gegen Wohlstand bestimmen.
mafrostboden in der Tundra etwas und das andere nicht. zur Fossilenergie in den letzten Autarkiebestrebun- Schließlich wollen wir die
auftaut, würde das riesige Wir brauchen gar nicht Man kann sich zum Beispiel 200 Jahren. Energiedienstleistungen und
gen, sie müssen
Mengen an CO2 freisetzen. erst über Energie- nicht nur auf den Klimaschutz nicht die Energiemenge konsu-
Man sollte sich das genauer konzentrieren und alles ande- Inwiefern? allerdings ökonomisch mieren. Und diese können zu-
autarkie sprechen, re vergessen. Die Menschheit
ansehen und nicht nur darü- Haberl: Es wird die Formen sinnvoll sein. künftig mit deutlich geringeren
ber nachdenken, ob wir die wenn wir hat einen sehr hohen Energie- des Produzierens, des Konsu- Helmut Haberl Energiemengen bzw. erneuer-
Energie selbst erzeugen oder zunächst nicht verbrauch – diese Energie be- mierens und der Verteilung bar bereitgestellt werden.
diese importieren. Ich haben
nichts gegen Autarkiebestre-
unseren Energiebedarf kommen wir nicht mehr zu-
rück. Man muss darüber nach-
von Gütern etc. betreffen. Man kann das also
nicht nur an die Technik delegieren. Zu den Personen:
bungen, sie müssen allerdings reduzieren. denken, die vorhandene fossi- Berlakovich: Diese Veränderungen finden Niki Berlakovich, 49, ist Bundesminister für
ökonomisch sinnvoll sein. Angela Köppl le Energie effizient und mit bereits statt, einhergehend mit einem Umden- Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Was-
Berlakovich: Beides muss möglichst geringen Emissio- ken. Viele Häuslbauer beispielsweise wollen serwirtschaft.
Hand in Hand gehen, die Klimaschutzziele nen einzusetzen und parallel dazu nach Alter- ein Passivhaus oder darüber hinaus bereits ein HelmutHaberl,45,istaußerordentlicherProfes-
und die Energieautarkie. Letztere bedeutet, nativen suchen. Projekte wie Güssing regen Plusenergiehaus. sor für Humanökologie am Institut für Soziale
ein neues Denken in Österreich zu implemen- die Menschen zum Nachdenken an und das ist Steinbecker: Lassen wir den Begriff Energie- Ökologie der Alpen-Adria-Universität in Wien.
tieren. Wir sollten die Chancen erkennen, die ganz wichtig in diesem Prozess. Potenzial sehe autarkie zu, auch wenn diese nie zu hundert Angela Köppl, 49, ist Umweltökonomin und
darin liegen, auch als Antwort auf den Klima- ich auch beim Wasserstoff, allerdings sind uns Prozent umgesetzt werden wird können. Aber wissenschaftliche Mitarbeiterin am Österrei-
wandel. Gestern war Energieautarkie eine die Japaner da bereits weit überlegen. Europa schauen wir zuerst, dass wir im Bereich der chischen Institut für Wirtschaftsforschung.
schräge Idee, heute ist sie realistisch, morgen hat das verschlafen. Wärmeautarkie, bei Häusern, so weit kom- Werner Steinecker, 53, ist Vorstandsmitglied
ein gutes Geschäft für die Wirtschaft, und Berlakovich: Natürlich ist die Elektromobili- men, dass wir keinen zusätzlichen Energieein- der Energie AG Oberösterreich und Leiter des
übermorgen ist sie ein Segen für unsere Le- tät nicht der Weisheit letzter Schluss. Auch ein trag brauchen. technischen Ressorts.
Juni 2010 5
ImTal
derAmbitionen
Das Große Walsertal gilt
als Modellregion.
Ehrgeizige Bauprojekte
unterstreichen den Willen
zu Nachhaltigkeit und
Energie-Autarkie.
Die Natur zu nutzen, ohne ihr zu schaden, lau- bei 66 Prozent, bezogen auf den Umsetzungs-
tet die Devise in einem Biosphärenpark. „Das grad aller Maßnahmen“, sagt Rinderer. 75
bedeutet für uns: nachhaltiges Leben und Prozent benötigt man für das fünfte „e“. Der
Wirtschaften“, sagt Albert Rinderer, Regio- Regionalmanager hält diese Hürde bis 2015
nalmanager im Biosphärenpark Großes Wal- für bewältigbar. „Auch das Elektroauto ist ein
sertal im Zentrum Vorarlbergs und als solcher Thema.“ Man wolle testen, wie sich ein solches
auch für nachhaltige Energieprojekte zustän- in der Bergregion einsetzen lässt.
dig. Denn der Biosphärenpark ist nicht nur Eine der sechs Gemeinden im 192 Quadrat-
eine Klima- und Energie-Modellregion, als kilometer großen Biosphärenpark ist St. Ge-
Das Gemeindezentrum Mitglied im e5-Programm des Lebensministe- rold, mit 375 Einwohnern. Auch sie hat sich
St. Gerold (oben) ist so gut riums für energieeffiziente Kommunen auch ganz der Nachhaltigkeit verschrieben und so
wie energieautark. Auch im eine Pilotregion, weil „wir nicht als einzelne steht dort seit 2009 ein weiteres Vorzeigepro-
restlichen Großen Walsertal Gemeinde antreten, sondern als Region beste- jekt der Region: das neue Gemeindezentrum.
fehlt dazu nicht mehr viel: hend aus insgesamt sechs Gemeinden“, wie Schon vor dem Bau hatte die Gemeinde ein
Dafür sorgen unter anderem Rinderer schildert. Ökologie-, Nachhaltigkeits- und Energiekon-
Solaranlagen. Energieerzeugung aus erneuerbaren Quel- zept ausgearbeitet, das sie den Architekten vor-
Fotos: René van Bakel len hat im Walsertal Tradition. Es gibt zahlrei- legte. Unter Federführung von Cukro-
che Bäche, die Kleinwasserkraftwerke antrei- wicz/Nachbaur Architekten ZT GmbH ent-
ben. 85 Prozent des verbrauchten Stromes im stand das erste viergeschossige Holzbauwerk
Walsertal werden als Ökostrom in taleigenen in Passivhausqualität in Vorarlberg. „Besser als
Kleinwasserkraftwerken und Fotovoltaikanla- das“, sagt Bürgermeister Bruno Summer,
gen erzeugt: Die Erzeugung pro Kopf ist rund nicht ohne Stolz: Der Energiebedarf liege weit
80 mal höher als der österreichische Durch- unter dem eines Passivhauses.
schnitt. „Es fehlt nicht mehr viel zur Autarkie“, Sämtliche Bauteile des Hauses sind aus un-
merkt Rinderer an. Aber man denkt schon behandelter Weißtanne aus gemeindeeigenen
weiter: „Wir wollen unsere Potenziale nutzen Wäldern. „Nichts ist nachhaltiger“, betont
und den möglichen Überschuss an Ökostrom Summer, der schon sein Hotel Johannishof
auch ins Netz einspeisen.“ Die Entwicklung vor 17 Jahren ökologisch sanieren ließ und sich
hin zu einer Öko-Energie-Exportregion sei das selbst daher als „vorbelastet“ sieht. Hinsicht-
ehrgeizige Ziel. lich der Bauökologie wurde etwa auf Baustof-
Was die thermische Energie betrifft, ist die fe verzichtet, die H-FCKW enthalten, auf
Solarfläche pro Einwohner mehr als doppelt PVC, Farben, die Schwermetalle enthalten.
so hoch wie der österreichische Durch- Dämmstoffe und Schall absorbierende Mat-
schnitt. Fünf große Nahwärmenetze und Mi- ten bestehen aus nachwachsenden Rohstoffen.
kronetze tragen dazu bei, dass bereits über 60 Selbst der 14 Meter hohe Liftschacht wurde im
Prozent der Walser Haushalte hauptsächlich Ganzen aus Holz gefertigt.
mit Holz heizen. „Die Erfahrung hat gezeigt, Energietechnisch ist das Gebäude, das un-
dass man mit dem jährlichen Zuwachs an ter anderem das Gemeindeamt, den Kinder-
Biomasse das gesamte Walsertal heizen könn- garten, den Dorfladen und den Sitzungssaal
te“, erklärt Rinderer. Voraussetzung dafür ist beherbergt, nahezu autark und wird durch
die Sanierung der Gebäude: „Wir wollen da- Erdwärme beheizt. Strom holt es sich aus ei-
hingehend Bewusstsein bilden und bieten ner Fotovoltaik-Anlage, die auf dem nahege-
günstige Energieberatung an.“ Sanieren und legenen Feuerwehrhaus installiert ist. Eine
Umstellen auf erneuerbare Energie seien ein Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung
Gesamtpaket. rundet das Bild ab. „Abgesehen davon, mar-
Ein Handlungsfeld wird im Rahmen des e5- kiert das Gebäude nun den bis dato fehlenden
Programms momentan besonders beackert: Dorfplatz“, sagt Summer. Das Gemeindezen-
die Mobilität. Einschlägige Maßnahmen in trum erhielt heuer den Staatspreis für Archi-
dieser Stoßrichtung könnte der Region das tektur und Nachhaltigkeit.
fünfte „e“ einbringen. „Wir halten momentan www.grosseswalsertal.at
green jobs klima:aktiv
„ Neue Bildungsangebote
Derzeit existieren in Österreich etwa
170 Bildungsangebote für green jobs, Umweltminister Niki Berlakovich sieht im Umweltschutz eine große Chance für
Die aktuelle Umweltbilanz
70 % davon auf Universitäten. Um das Österreich, insbesondere im Bereich Bildung und green jobs.
bestätigt: Österreichs Umwelt- Angebot weiter zu verbessern, bietet Foto: BMLFUW/Newman
politik liegt im internationalen das Lebensministerium seit Jahren er-
Spitzenfeld. Das ist ein folgreiche Programme. Die klima:aktiv AMS-NÖ und Wifi-NÖ und „Thermische on unterschiedlicher Komponenten von
Grund zur Freude – und ein Bildungsaktivitäten erfolgen in Zusam- Sanierungstechnik im Baugewerbe“ in PV- und Solarthermietechnologien. Um-
Auftrag, unseren Weg mit menarbeit mit Bildungsinstitutionen Kooperation mit der HTL Mödling und weltminister Berlakovich: „Wir müssen
und Verbänden mit dem Ziel einer lang- SOLAR4YOU. das Interesse von Kindern und Jugend-
Engagement weiterzugehen.
fristigen Ausrichtung. Das Kompetenz- lichen für diesen Bereich wecken und
Nikolaus Berlakovich
zentrum für Umwelttechnik, ACT, arbei- Facharbeiter gesucht sie fördern – und insbesondere auch
“ tet seit 2009 intensiv an der Entwicklung
von Bildungsangeboten. Beispiele sind
Eine Umfrage unter Top-Unterneh-
men zeigt: Die Branche sucht gut gebil-
Mädchen und Frauen dazu motivieren,
technische Berufe zu ergreifen.“
Wirtschaft und erzielt einen Umsatz von der Lehrgang „Erneuerbare Energie in dete Mitarbeiter. Besonders gefragt sind
rund 30 Mrd. Euro. Das bedeutet, dass der Landwirtschaft“ in Zusammenar- zum Beispiel die Bereiche Solarthermie Positive Öko-Bilanz
bereits jeder zehnte Euro in Österreich beit mit der Hochschule für Agrar- und und Photovoltaik (PV) sowie Abfall- und Die Arbeitskräfte der Zukunft sollen
mit der Umwelt verdient wird. Anders Umweltpädagogik, das „Modulare Aus- Windkraft. Bei Gas-Wasser-Heizungs- mithelfen, Österreichs Spitzenposition
formuliert: Ohne green jobs gäbe es bildungsprogramm Umwelt- und Ener- Installateuren herrscht hohe Nachfrage in Europa auszubauen. Denn Öster-
heuer kein Wirtschaftswachstum. gietechnologie“ in Kooperation mit nach Fachkenntnissen bei der Installati- reichs Umweltpolitik gehört schon heu-
te zu den besten: Bereits 185.000 Öster-
reicherInnen arbeiten in green jobs: Das
Energiestrategie Österreich:
sind ungefähr so viele wie im Automo-
bilsektor oder im Bereich Gastronomie
und Beherbergung. Österreich deckt
Gut für die Wirtschaft. Gut für das Klima. rund 25 % seines Energieverbrauchs
aus erneuerbaren Energiequellen und
gehört damit zu den EU-Top Nationen.
Der Motor hinter der Klima- und Meilenstein für Österreich in der Umsetzung der Klimastrategie Und 15 % unserer Landwirtschaft ist
Joboffensive von Umweltminister Berlakovich: „Diese Energiestrategie spielt klima:aktiv. Die Initiative hat bio, Tendenz steigend – kein EU-Land
Berlakovich ist die heuer präsentierte ist ein Meilenstein für uns und kom- Katalysatorwirkung, die den Wandel schafft mehr.
„Energiestrategie Österreich“. Eine mende Generationen. Sie läutet so- in Richtung Umwelttechnologien be-
ambitionierte Strategie zur Steigerung wohl eine generelle Trendwende in schleunigt. 761 Mio. für green jobs
der Energieeffizienz, der Energieein- der Energie- und Klimapolitik ein, als Durch gezielte Fördermaßnahmen
sparung und dem engagierten Aus- auch eine klare Ökologisierung des Ein Drittel Erneuerbare will Umweltminister Berlakovich in den
bau der Erneuerbaren Energien. Steuersystems.“ Einen wichtigen Part Österreich muss seine Treibhausgas- nächsten zehn Jahren 100.000 neue
Emissionen um 16 % reduzieren. Da- green jobs schaffen. Allein im Jahr 2010
für soll unter anderem ein Drittel des setzt das Ministerium 761 Mio. Euro dafür
Österreichischen Energieverbrauchs ein. Der größte Anteil davon, 271 Mio.,
bis 2020 mit erneuerbaren Energien wird direkt für konkrete Klimaschutzmaß-
gedeckt werden. Mit der konsequen- nahmen eingesetzt. Unterm Strich wird
ten Umsetzung der Energiestrategie das Fördervolumen sogar noch größer:
können nicht nur diese Ziele erreicht, Denn bei vielen Projekten kommen zu
sondern auch der Wirtschaft zahlrei- den angeführten Bundesmitteln noch
che Wettbewerbsvorteile, etwa bei zusätzlich Landes- und EU-Mittel.
Öko-Innovationen, eröffnet werden.
Fördern, was Zukunft hat
Ziel: Energieautarkie Umweltminister Berlakovich: „Die Gel-
Berlakovich: „Die wesentlichen He- der werden sehr gezielt und sinnvoll
rausforderungen gehen über den eingesetzt. Wir achten dabei auf positi-
Zeithorizont der Energiestrategie hi- ve Mehrfacheffekte, von denen wir auch
naus. Neben mittelfristig umsetzba- in Zukunft profitieren. Die Förderungen
ren Zielen und kurzfristig wirksamen lösen ein Vielfaches an Investitionen
Die „Energiestrategie Österreich“ setzt auf die Nutzung erneuerbarer Ener- Maßnahmen braucht es auch eine aus, damit erreichen wir besonders ef-
gien wie Wind, Sonne oder Biomasse und schafft dadurch tausende neue langfristige Vision und die heißt Ener- fektiv unsere Ziele: Klimaschutz, Wirt-
Jobs. Foto: BMLFUW/Newman gieautarkie.“ schaftsbelebung und neue green jobs.
Wir fördern, was Zukunft hat.“
www.klimaaktiv.at 7
Impulse klima:aktiv
klima:aktivBudgetentwicklung
Standards setzen und Qualität
sichern, Partner aktivieren und Aktiv in vier Themenbereichen
vernetzen, Beraten und klima:aktiv fokussiert in all ihren Ak-
unterstützen, Informieren und zum
Umdenken anregen
tivitäten auf die vier Themenbereiche in Euro
Bauen und Sanieren, Energiesparen,
10.000.000
Erneuerbare Energien und Mobilität.
rüber hinaus auch die Aktivitäten und Vermittelt werden Qualitätsstandards, 9.000.000
das Engagement der PartnerInnen aus technisches Know-how aber auch Be-
den Bundesländern und der Wirtschaft. wusststeinsbildung zum Thema CO2- 8.000.000
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und raschen Verbreitung klimafreund- Marketing- und Kommunikationsinstru- 7.000.000
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Dachmarke klima:aktiv
www.klimaaktiv.at 9
Bauen & Sanieren klima:aktiv
10 www.klimaaktiv.at
Erneuerbare Energien klima:aktiv
effizient gestalten und 3. ungenutzte Auch die Nutzung der Erdwärme flo-
Reserven aktivieren. riert. Das rasante Marktwachstum seit 300.000
2004 wurde trotz der Wirtschaftskrise
Nachwachsende Rohstoffe nur geringfügig eingebremst. Ihr kli- 250.000
forcieren mapolitisch sinnvollster Einsatz ist im
Geht es nach den Plänen der Neubau, wenn dieser klima:aktiv Ge-
200.000
klima:aktiv EnergieexpertInnen, wer- bäudestandards erfüllt.
den in Österreich Gebäude mittelfris-
150.000
tig überwiegend mit erneuerbaren Heizen mit der Sonne
Energien beheizt und gekühlt. Vor al- Im Haus der Zukunft soll das Warm-
lem die Biomasse soll stärker zur Wär- wasser und immer mehr auch die 100.000
megewinnung herangezogen werden. Raumwärme generell durch Solarener-
50.000
Schwerpunkt Effizienz 0
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009
www.klimaaktiv.at 11
Energiesparen klima:aktiv
Energiesparen
Schon die einfachsten Maßnahmen machen sich bezahlt
Mit topprodukte.at und vielen weiteren klugen che Services. Es stehen rund 200 spe- Gut geschulte BeraterInnen
ziell von klima:aktiv ausgebildete Ener- Die klima:aktiv EnergieberaterInnen
Initiativen zeigt klima:aktiv auf, wie unkompliziert gieberaterInnen zur Verfügung, die in genießen laufend Aus- und Weiterbil-
Energiesparen eigentlich sein kann – und wie sehr den Betrieben Einsparungsmöglichkei- dung. Bis 2009 wurden 200 Berate-
ten evaluieren, Effizienz-Maßnahmen rInnen mit den klima:aktiv „Energie-
die Umwelt und die Geldbörse davon profitieren. empfehlen und Aktionspläne erstellen. check-Tools“ vertraut gemacht. 2010
haben bereits 30 Energieberater die
Die Zahlen sind beeindruckend: Heute Mit einem KIick zu den energie- Bei der Beschaffung von energieef- Ausbildung zum Druckluft-, Pumpen-
verbraucht Österreich um ca. 38 % mehr effizientesten Geräten am Markt fizienten Geräten hilft etwa die b2b. und Ventilatorenberater absolviert.
elektrischen Strom als 1990, allein in Wie aber etwa ohne großen Zeitauf- topproduke.at-Plattform, auf der auch Die Beraterschulungen werden 2010
den Privathaushalten ist der Verbrauch wand herausfinden, welches Gerät be- Nutzungstipps und Ausschreibungshil- standardisiert fortgeführt.
in diesem Zeitraum um 40,6 % gestie- sonders energiesparend arbeitet? Die
gen. Gesamt gesehen – also Industrie, von klima:aktiv betriebene Online-Platt-
der öffentliche und private Bereich form topprodukte.at informiert über-
zusammengenommen – wächst der
Strombedarf jährlich durchschnittlich
sichtlich über die energieeffizientesten,
am österreichischen Markt erhältlichen
Zugriffe topprodukte.at
um zwei Prozent. Dabei schreibt die Geräte. Die Nachfrage nach diesem Ser- User/Jahr seit 2005
„ vice ist überaus rege: 270.000 Besuche-
rInnen verzeichnete topprodukte.at 350.000
2009 – und damit um 14 % mehr als im
Die KundInnen der RedZac-
Jahr davor. Informationen zu rund 3.000
Elektrofachhändler profitieren Produkten sind auf dieser Plattform ver-
300.000
12 www.klimaaktiv.at
Mobilität klima:aktiv
www.klimaaktiv.at 13
Bildung klima:aktiv
14 www.klimaaktiv.at
Die Moped-Lenkerinnen und -Lenker von morgen lernen mit Bedacht Gas zu geben (oben). Das schont auch den Akku der E-Roller (unten). Fotos: René van Bakel
Juni 2010 15
Marianne Pirsch führt gemeinsam mit ihrem Mann Karl die Geschäfte der Eine Welt Handel AG. Die Zentrale der Firma
EineWeltistgutgeworden
Zur Errichtung des ersten Die wichtigste Voraussetzung für das Vorhaben, Europas ers-
ten Gewerbebau als Passivhaus mit Holzmodulen zu realisie-
turministeriums für nachhaltiges Wirtschaften, war das Unter-
nehmen zunächst gescheitert. „Weil‘s halt einfach nicht in die
Unternehmenssitzes Europas ren, beschreibt Marianne Pirsch kurz und klar: „Man muss ein
bisserl verrückt sein – und das sind wir!“ Dabei sind die Ge-
bisherigen Förderschemata gepasst hat“, erzählt Frau Pirsch
ohne Gram und mit der Einsicht, dass derartige Pionierleistun-
in Holzpassivbauweise dankengänge von Marianne und Karl Pirsch, den Geschäfts-
führern der Eine Welt Handel AG im steirischen Niklasdorf,
gen eben tatsächlich noch nicht in ein Schema zu pressen wa-
ren. Erst als die Pirschs durch Zufall von einem EU-Programm
entschied sich die Eine Welt sonst eigentlich verblüffend logisch: Wer in zwanzig Jahren aus mit Pilotcharakter erfuhren, änderte sich die Situation grund-
einem kleinen Einzel- ein mittelständisches Unternehmen legend: „Holiwood“ klang verheißungsvoll und war es dann
Handel AG, weil es nur eine macht, das heute 3500 Menschen in Schwellenländern ein ver- auch. Mit einem Vorzeigeprojekt und Mitteln aus dem 6. EU-
nünftiges Einkommen durch fairen Handel ermöglicht, agiert Forschungsrahmenprogramm sollten innovative Holzbaulö-
Welt gibt. Aber die muss fairer nachhaltig. Komplementär ein ökologisch nachhaltiges Bau- sungen im Industriemaßstab entwickelt werden. Und das Stey-
konzept für den eigenen Unternehmenssitz zu finden, drängt rer Architekturbüro Poppe/Prehal war sofort davon überzeugt,
und ökologischer werden. sich also grundsätzlich auf. „Wir wollten das unbedingt und Derartiges technisch umsetzen zu können: eben mit einem
hatten immer ein klares Ziel vor Augen“, fasst Marianne Pirsch Holzmodulsystem in Passivhausqualität, das sich auch für grö-
zusammen und geht auch gleich auf die Stolpersteine ein, die ßere Gewerbebauten eignet.
einer höchst atypischen Aktiengesellschaft bei der Realisierung Der an und für sich nachteilige Grundriss des Grundstücks
dieses Ziels in den Weg gelegt wurden. in Niklasdorf – ein langer schmaler Streifen zwischen Bahn und
Drei Millionen Euro Gesamtkosten für den Neubau sind Straße – erwies sich überraschenderweise als Vorteil für das
nicht gerade das, was man gerne als „überschaubare Größe“ für Bauvorhaben, so Marianne Pirsch: „Es sollte ja ein Vorzeige-
ein Unternehmen bezeichnet, welches zuletzt einen Umsatz projekt werden und an dieser Stelle ist der Bau tatsächlich von
von rund vier Millionen Euro machte. Vor allem dann nicht, allen Seiten einseh- und somit herzeigbar.“
wenn zuallererst die frühere Hausbank am Vorhaben der Die zugesagte zwanzigprozentige Förderung durch die EU,
Pirschs zweifelte und das Kreditangebot dann doch wieder zu- die erwartete Öffentlichkeitswirksamkeit an diesem Standort
rückzog. Auch mit dem ersten Förderungsansuchen beim und vor allem ein mittlerweile besser entwickeltes Projektsze-
„Haus der Zukunft“, einem Impulsprogramm des Infrastruk- nario bewirkten letztlich einen Meinungsumschwung daheim:
16 Juni 2010
FACTBOX
Bauen & Sanieren
klima:aktiv bietet Beratung und Qualitätssicherung für den
Neubau und für die Sanierung von Immobilien – vom
Wohnhaus bis zum gewerblichen Gebäude. Um die Qualität
eines Gebäudes messbar und vergleichbar zu machen, wurde
als Orientierung für eine wertbeständige und ökologische
Bauweise der klima:aktiv-Gebäudestandard entwickelt.
klima:aktiv bietet folgende Unterstützung für energieeffi-
zientes Bauen & Sanieren:
• Standards für den Neubau und die Sanierung durch den
klima:aktiv-Kriterienkatalog
• Grobchecks zur ersten Einschätzung der Einsparpotenziale
bei Dienstleistungsgebäuden
• Beratung bei Neubau und Sanierung von Dienstleistungs-
und Wohngebäuden
• Ausbildung von ProfessionistInnen für Planung und Aus-
führung
• Online-Informationsplattform zum Thema Sanierung für
Einfamilienhäuser
• Datenbank mit vorbildlichen Beispielen:
www.klimaaktiv-gebaut.at
Juni 2010 17
Oase mit Stromanschluss Auf den ersten Blick deutet nichts darauf hin, baus aus. Dieser wurde 2009 auf dem Nach-
Das Hotel „Stadthalle“ dass sich hinter der eher unscheinbaren Fassa- bargrundstück errichtet. Mit Passivhaushülle
18 Juni 2010
Der Schnüffler und die Wurst
Zur Umsetzung von Energiesparmaßnahmen beauftragte
die Großfleischhauerei Krainer den Energiedetektiv. Der hat den
richtigen Riecher für zu viel Dampf in der Selchkammer.
FACTBOX
Schlicht und einfach keine Wurschtigkeit zeigte Franz Krainer, Um ihn zu finden, ist keine weitere Detektei nötig: Mund- Energiesparen
als er sich nach reiflicher Überlegung zur Umsetzung seiner Plä- propaganda hat dem Energiedetektiv ebenso geholfen wie der Energiesparen ist in Zeiten steigender Energiepreise ein Ge-
ne entschied: „A echter Steirer“ kann längst auch einer sein, Umstand, dass ihn Fördergeber für Sanierungen als einen von bot der Stunde. Die umweltfreundlichste Energie ist jene, die
der zwar noch immer traditionell selcht, dafür aber 1,3 Giga- immerhin bereits hundert Energieberaterinnen und -berater in gar nicht erst verbraucht wird!
wattstunden weniger Energie pro Jahr benötigt. Neben der der Steiermark listen. Dennoch kommt es schon einmal vor, klima:aktiv erleichtert mit einer Reihe von Services das
„klima:aktiv“-Auszeichnung durch das Lebensministerium als dass er ungefragt bei großen Betrieben anläuten muss, um sei- Energiesparen:
energieeffizienter Betrieb brachten die bis zum Jahr 2009 ne Spürdienste anzubieten. Ein Muster, wer zu „Energiever- • Netzwerk unabhängiger BeraterInnen
durchgeführten Sanierungsmaßnahmen Krainer vor allem ei- brechen“ neigt, kann er aber bis heute nicht erkennen. „Das • Ausschreibungsvorlagen, Online-Datenbanken für energie-
nes: handfeste Kosteneinsparungen in der schnell gewachsenen kommt ausschließlich auf die handelnde Person an“, so Weigl. effiziente Produkte, technische Leitfäden uvm.
Großfleischhauerei, die sich innerhalb kürzester Zeit amorti- Zu einer Solaranlage riet er Franz Krainer jedenfalls nicht in • Beratungsangebote für Unternehmen für energieeffizienten
siert haben sollten. den ersten Gesprächen. Es gab energieeffiziente Lösungen, die Produktions- und Bürobetrieb
Bereits seit 1969 werden die nunmehr unter dem Namen „A viel offensichtlicher waren. Warme und kalte Bereiche wurden • Energiespartipps für Haushalte
echter Steirer“ bekannten Fleisch- und Wurstwaren am selben zu allererst räumlich und durch automatische Pendeltüren ge- • StromsparmeisterInnen – die Beratungsprofis im Handel
Standort im steirischen Wagna produziert. Dass diese Betriebs- trennt im Fleischereibetrieb. „Dass meine Mitarbeiter mit vol-
stätte, die über die Jahre immer wieder erweitert wurde, nicht len Händen die Türen immer verschließen, kann ich nicht ver- topprodukte.at
mehr am letzten Stand energieeffizienter Produktionsmetho- langen“, so Krainer. Dampfverluste bei defekten Kondensato- Hier finden Sie die energieeffizientesten derzeit am österrei-
den war, lag für Krainer auf der Hand. Und sein Kalkül war ein ren wurden beseitigt und die Selchen von Hoch- auf Nieder- chischen Markt erhältlichen Produkte in den Bereichen Be-
nachvollziehbares: Es gehört heute zur unternehmerischen druckdampf umgestellt – bei gleich gutem Ergebnis für die Pro- leuchtung, Büro, Haushalt, Heizung/Warmwasser, Mobili-
Pflicht, sich vorhandener Energiesparmaßnahmen zu bedie- dukte. Alles in allem keine hochgeheimnisvollen Patentlösun- tät, Kommunikation und Unterhaltung. Rund 3000 Pro-
nen, wenn daraus gleichzeitig eine ökologische Kür in der Pro- gen, aber solche, die an Effizienz für sich sprechen. dukte sind bereits online und werden laufend erweitert und
duktion entstehen kann. Mit einer einmaligen Investition von 83.500 Euro inklusi- aktualisiert. Darüber hinaus gibt es für jede Produktkategorie
„Mein erster Gedanke war es, die Solarenergie für den Be- ve der Beratung hat der Betrieb eine Energiekostenreduktion einen Ratgeber, der nützliche Tipps für den Kauf und die
trieb zu nutzen, um effizienter unterwegs zu sein“, so Krainer. um 13 Prozent erreicht. Das sind in etwa 70.000 Euro jährlich, Nutzung der Produkte liefert.
Doch dann kam dieser Anruf. Der „Energiedetektiv“ war am die Amortisationszeit liegt je nach Maßnahme bei nur 12 bis
Apparat und machte Vorschläge für ein erstes Beratungsge- 60 Monaten. „Mit rund vier Jahren rechne ich nach der ersten Stromsparen im Büro
spräch. Vielleicht, meint Krainer heute, hätte er sich sogar ein Evaluierung – dann wird sich die gesamte Investition gerech- Der Energieverbrauch ist in Büros ein wichtiger Kostenfak-
wenig gewundert über diese Initiative, wäre er damals nicht net haben“, so Krainer. Eines ist in diesem Fall aber bereits klar tor. Unternehmen und öffentliche Institutionen können
ohnehin fest entschlossen gewesen zu sanieren – aber ohne geworden: Die forensischen Methoden eines Energiedetektivs durch den cleveren Kauf und die richtige Gerätenutzung
genau zu wissen wie. Der „Energiedetektiv“ ist beim Aufspüren verlustig gegangener Energie profitieren. Geräteempfehlungen, Nutzungstipps und IT-
Jürgen Weigl, seit über zwanzig Jahren in der hindern Unternehmerinnen und Unterneh- Ausschreibungshilfen auf www.b2b.topprodukte.at unterstüt-
Energieberatung tätig. mer nicht daran, selbst eine Spürnase für wei- zen beim Stromsparen im Büro.
Die ökologische Betriebsberatung hat teres Potenzial zu entwickeln. „Wenn ich mit
Weigl, wenn schon nicht erfunden, dann doch der ersten Evaluierung herausfinden sollte, Energieeffizienz in Produktionsbetrieben
als einer der ersten in der Steiermark angebo- dass es sinnvoll ist, kommt als nächstes doch Produzierende Industrie- und Gewerbebetriebe können auf
ten. Immer nur Häuselbauer in Sachen ener- noch eine Solaranlage aufs Dach“, so Franz bereits rund 200 geschulte EnergieberaterInnen zurückgrei-
gieeffizienter Bauweise zu unterstüzen, ist ihm Krainer. fen. Ein Energie Check deckt die größten Potenziale auf. De-
auf Dauer zu fad geworden, außerdem sah er www.krainer.cc taillierte Informationen über Möglichkeiten zur Verbesse-
für die Industrie ein enormes Potenzial. „Zehn rung der Energieeffizienz und Tools zur Implementierung
bis dreißig Prozent Energieeinsparung sind in Moderne Technologie sorgt für von Energiemanagement runden das Angebot ab.
jedem Betrieb zu erreichen“, glaubt Weigl. Energieeffizienz. Fotos: René van Bakel www.klimaaktiv.at/energiesparen
Juni 2010 19
www.klimaaktiv.at