Fahrzeuge l Rolling Stock

Analyse und Vergleich der russischen und

der europäischen Bewertungsmethode zur
Verfügbarkeit von Eisenbahnfahrzeugen
Analysis and comparison of the Russian and European
assessment methodology of railway vehicle availability
Prof. Dr.-Ing. Rashid Zaynetdinov, Moskau; Prof. Dr.-Ing. Günter Löffler, Dresden;
Dipl. -Ing. Ivan Plokhikh, Moskau

Zusammenfassung Abstract

Russland öffnet allmählich seinen Binnenmarkt für ausländische
Hersteller von Eisenbahnfahrzeugen. Wesentliche Anforderun-
gen, die russische Auftraggeber an europäische Hersteller bei
der Entwicklung neuer Eisenbahnfahrzeuge stellen, betreffen
die Verfügbarkeitskenngrößen. Deswegen ist es für Hersteller
wichtig, regelmäßig die internationalen Standards und Richtli-
nien mit den russischen abzugleichen. Gegebenenfalls müssen
Entwicklungs- und Herstellungsprozesse dahingehend korrigiert
werden, dass neue Eisenbahnfahrzeuge während des Betriebs
den Verfügbarkeitsanforderungen entsprechen. Werden die
vom Auftraggeber festgelegten Verfügbarkeitsanforderungen
für ein Eisenbahnfahrzeug erfüllt, kann bereits eine Entschei-
dung getroffen werden, ob das neue Eisenbahnfahrzeug den
allgemeinen Zuverlässigkeitsanforderungen entspricht.
Russia is gradually opening its market to foreign manufacturers
of railway vehicles. Availability is on essential requirements, that
Russian customers demand from European manufacturers in
the development of new railway vehicles. It is therefore impor-
tant for manufacturers to regularly compare the international
standards and guidelines with the Russian ones. If necessary
development and manufacturing processes have to be adjusted
in order to match the requirements for availability of new railway
vehicles during operation. In case requirements for availability
of a new railway vehicle set by the Russian customers are met, a
general decision can be made if the new railway vehicle meets
general reliability requirements.

1 Einleitung
Seit einigen Jahren öffnet Russland seinen
Binnenmarkt für ausländische Hersteller
von Eisenbahnfahrzeugen. Als Beispie-
le für die erfolgreiche Zusammenarbeit
sind der Liefervertrag über acht Hochge-
schwindigkeitszüge Velaro RUS (Sapsan)
mit der Siemens AG, Erlangen, sowie der
Fertigungsvertrag mit Alstom, Saint-Ou-
en Cedex, Frankreich, über vier Mehrsys-
tem-Hochgeschwindigkeitszüge Pendoli-
no Sm6 (Allegro) zu nennen. Der erste
Hochgeschwindigkeitszug „Velaro RUS“
wurde Ende 2008 nach Russland gelie-
fert. Die wesentlichen Anforderungen, die
die russischen Auftraggeber an die euro-
päischen Hersteller bei der Entwicklung
der neuen Eisenbahnfahrzeuge stellen,
betreffen die russischen Klimabedingun-
gen, die Spurbreite, die Zuverlässigkeits-,
Sicherheits- und Komfortkenngrößen so-
wie weitere Standards und Richtlinien
der Russischen Föderation. Dies gilt ins-
besondere für die RAMS-Anforderungen
(RAMS: Reliability, Availability, Maintai-
nance, Safety) der Russischen Eisenbahn
(RZD). Deswegen ist es für die Herstel-
ler wichtig, bei der Entwicklung und Her-
stellung neuer Eisenbahnfahrzeuge für
Russland regelmäßig die internationalen
Standards mit den staatlichen Standards
(GOST) und denen der Branche (OST),
z. B. dem OST „Rossijskije schelesnyje do-
rogi“, abzugleichen. Gegebenenfalls müs-
sen die Entwicklungs- und Herstellungs-
prozesse dahingehend korrigiert werden,
dass sie während des Betriebs den Kenn-
größen entsprechen, die detailliert in den
Verträgen und der technischen Aufgabe-
stellung für Eisenbahnfahrzeuge festge-
legt sind. Zu den wichtigen Anforderun-
gen gehören die Zuverlässigkeitskoeffi-
zienten, z. B. die Verfügbarkeit, die die
Qualität und die Konkurrenzfähigkeit der
neuen Eisenbahnfahrzeuge ausmachen.
Die Verfügbarkeit ist eine komplexe Zu-
verlässigkeitskenngröße. Je höher die Ver-

2 ZEVrail  134 (2010) 11-12 November-Dezember

Bild 1: Betriebsbereite und betriebsunfähige Zustände und Zeitanteile des Zeitfonds eines Eisenbahnfahrzeugs für
ein Jahr
fügbarkeit eines Eisenbahnfahrzeugs ist,
desto geringer ist die Ausfallrate. Zudem
ist sie ein Maß dafür, wie leicht, schnell
und kostengünstig Reparaturen nach ei-
nem Ausfall durchgeführt werden können
und eine längere Funktionsfähigkeit abge-
sichert werden kann. Daraus folgt, dass
die Verfügbarkeit quantitativ die Überle-
benswahrscheinlichkeit und die Instand-
haltbarkeit definiert, unter Berücksich-
tigung der Kapazitäten des Instandhal-
tungssystems und der Betriebsbedingun-
gen des Eisenbahnfahrzeugs.
Für die folgende Analyse und den Ver-
gleich der russischen und der europäi-
schen Bewertungsmethode für die Ver-
fügbarkeit der Eisenbahnfahrzeuge ka-
men die Richtlinien und Standards [1]
bis [6] in Betracht.
2 Analyse der russischen
Bewertungsmethode zur
Verfügbarkeit von Eisen-
bahnfahrzeugen
In der Methode der RZD für Verfügbar-
keitsberechnungen und in russischen
Standards werden zwei Koeffizienten
der Verfügbarkeit detailliert beschrieben:
ZEVrail  134 (2010) 11-12 November-Dezember 3
1. Der Koeffizient der inhärenten Verfüg-
barkeit (KWG) ist die Wahrscheinlichkeit
dafür, dass ein Eisenbahnfahrzeug zu ei-
nem frei wählbaren Zeitpunkt in betriebs-
bereitem Zustand ist. Ausgenommen wer-
den dabei geplante Zeitintervalle, in de-
nen eine Verwendung mit der eigentli-
chen Zweckbestimmung nicht vorgese-
hen ist (planmäßige Instandhaltungsmaß-
nahmen, Reserve, Bereitschaft, Abstell-
zeiten vor und nach den Instandhaltungs-
maßnahmen, Überführungen usw.). KWG
entspricht dem Begriff „Koeffizient der
Verfügbarkeit – KG“ laut GOST 27.002-89
und OST 32.46-95.
Der Koeffizient der inhärenten Verfüg-
barkeit wird anhand der folgenden Glei-
chung ermittelt:
TRS
K WG = , (1)
TRS + TNP
wobei TRS die gesamte Einsatzdauer ei-
nes Eisenbahnfahrzeugs über eine gewis-
se Betriebsperiode und TNP die gesamte
Ausfalldauer durch Instandsetzung über
eine gewisse Betriebsperiode bezeichnet.
2. Der Koeffizient der technischen Verfüg-
barkeit (KTG) ist das Verhältnis des Erwar-
Fahrzeuge l Rolling Stock
tungswerts der Gesamtzeit bei Vorliegen
eines betriebsfähigen Zustands für ein Ei-
senbahnfahrzeug über eine gewisse Be-
triebsperiode zum Erwartungswert der
Gesamtzeit bei Vorliegen eines betriebs-
fähigen Zustands sowie der Stillstands-
zeit, die durch Instandhaltungsmaßnah-
men während dieser Betriebsperiode be-
dingt ist. KTG entspricht dem Begriff „Ko-
effizient des technischen Einsatzes – KTI“
laut GOST 27.002-89 und OST 32.46-95.
Der Koeffizient der technischen Verfüg-
barkeit wird anhand der folgenden Glei-
chung ermittelt:
TRS
K TG = , (2)
TRS + TNP + TPL
wobei TPL die gesamte Stillstandszeit we-
gen vorbeugender Instandhaltung über
eine gewisse Betriebsperiode bezeichnet.
Für die Bewertung der Koeffizienten der
Verfügbarkeit müssen die Zustände des
Eisenbahnfahrzeugs betrachtet werden.
In Bild 1 sind schematisch betriebsberei-
te und betriebsunfähige Zustände und
ihre Zeitanteile dargestellt, die bei der
Bewertung der Koeffizienten der Verfüg-
barkeiten berücksichtigt werden müssen.
Fahrzeuge l Rolling Stock

TRS T − TNP − TPL

Die Zeitanteile bilden in der Summe den
Zeitfonds über eine gewisse Betriebspe-
riode, der für ein Jahr 8 760 Stunden um-
fasst [7]. Die Betriebsperiode kann belie-
big (ein bis 30 Jahre) gewählt werden,
aber die Empfehlung der analysierten
Standards ist ein Jahr.
Wie Bild 1 zu entnehmen ist, werden die
Zeiten für Reserve, Bereitschaft, Überfüh-
rung und Abstellzeiten vor und nach der
Instandhaltung eines Eisenbahnfahrzeugs
bei der Berechnung der Koeffizienten der
Verfügbarkeit dem betriebsbereiten Zu-
stand zugeschlagen, was im Gegensatz zu
den Anforderungen des GOST 27.002-89
und des OST 32.46-95 steht. Laut dieser
Standards müssen die genannten Zeiten
bei der Ermittlung der Koeffizienten der
Verfügbarkeit als betriebsunfähiger Zu-
stand aufgrund sonstiger Ursachen be-
trachtet werden. Die Zeiten werden als
betriebsbereiter Zustand betrachtet, auch
wenn in Krisenzeiten eine große Zahl von
Lokomotiven zur Reserve abgestellt wer-
den muss. Es ist nachvollziehbar, dass
z. B. eine Wirtschaftskrise ein Faktor ist,
der keinen Einfluss auf die Koeffizienten
der Verfügbarkeit eines Eisenbahnfahr-
zeugs haben darf.
Aus Bild 1 folgt für den Zeitfonds eines
Eisenbahnfahrzeugs über eine bestimm-
te Betriebsperiode:
TZeitfonds = TRS + TNP + TPL . (3)
Umstellen nach der Einsatzdauer liefert:
TRS = TZeitfonds − TNP − TPL (4)
und durch Einsetzen von (4) in (1) ergibt
sich für KWG:
K WG = = Zeitfonds
TRS + TNP TZeitfonds − TPL
Aus dieser Gleichung folgt, dass der Koef-
fizient der inhärenten Verfügbarkeit auch
von der Dauer der vorbeugenden Instand-
haltungen TPL beeinflusst wird (Strategie
der vorbeugenden Instandhaltung).
Es ist zu berücksichtigen, dass die vor-
gegebenen Werte KWG und KTG für ein Ei-
senbahnfahrzeug erreicht werden sollen,
auch wenn TPL aus allen vorbeugenden
Instandhaltungen resultiert (ohne Be-
rücksichtigung der grundsätzlichen Re-
visionen).
In der Methode für die Verfügbarkeits-
berechnungen der RZD werden die lo-
gistischen und die administrativen Ver-
zugszeiten nicht berücksichtigt, die bei
der Beseitigung von Ausfällen und der
Durchführung der vorbeugenden Instand-
haltungen eines Eisenbahnfahrzeugs in
TNP und TPL entstehen. Die logistischen
und die administrativen Faktoren sowie
die Wirtschaftskrise dürfen keinen Ein-
fluss auf die Zuverlässigkeitskenngrö-
ßen haben.
Von der RZD geforderte Werte für die Ko-
effizienten der Verfügbarkeit für neue Lo-
komotiven sind in Tafel 1 dargestellt [8].
Zurzeit werden in Russland bei der Ent-
wicklung und Herstellung von neuen Ei-
senbahnfahrzeugen keine theoretischen
Betrachtungen der Koeffizienten der in-
härenten und der technischen Verfüg-
barkeit durchgeführt. Die Werte der Ver-
fügbarkeiten gibt der Auftraggeber dem
Hersteller vor. Sie sind die Zielwerte für
den Hersteller, die dieser für neue Eisen-
bahnfahrzeuge bei Entwicklung und Her-
stellung konstruktiv absichern muss. Die
. (5) tatsächlichen Koeffizienten der inhären-
ten und technischen Verfügbarkeit wer-
den mit statistischen Daten aus dem Be-
trieb der neuen Eisenbahnfahrzeuge be-
rechnet und danach mit den vorgegebe-
nen Koeffizienten verglichen [8].
3 Analyse der europäischen
Bewertungsmethode zur
Verfügbarkeit von Eisen-
bahnfahrzeugen
In der UNIFE-Richtlinie [4] werden die ge-
samte, die inhärente, die technische und
die operative oder logistische Verfügbar-
keit beschrieben.
Die gesamte Verfügbarkeit A wird durch
das Verhältnis aus der mittleren Einsatz-
dauer MUT (Mean Up Time) im Beurtei-
lungszeitraum und der Summe aus der
mittleren Einsatzdauer und der mittleren
Ausfalldauer MDT (Mean Down Time)
im gleichen Beurteilungszeitraum quan-
tifiziert:
MUT
A= . (6)
MUT + MDT
Dabei ist die Summe von MUT und MDT
gleich dem Zeitfonds im Beurteilungszeit-
raum, z. B. für ein Jahr (Bild 2):
MUT/Jahr + MDT/Jahr = 8760 h. (7)
Aus oben Gesagtem folgt, dass die gesam-
te Verfügbarkeit für ein Jahr mit folgen-
der Gleichung berechnet werden kann:
MDT/Jahr
A/Jahr = 1 − . (8)
8760 h

Tafel 1: Von RZD geforderte Werte für die Koeffizienten der Verfügbarkeit
In Bild 2 sind verschiedene Zeitanteile
Benennung und Bezeichnung der Kennwerte Wert dargestellt, die in MUT und MDT enthal-
Personenzuglokomotiven ten sind. Die Zeitanteile müssen bei der
Koeffizient der technischen Verfügbarkeit, KTG (KTI) 0,96 Berechnung der gesamten Verfügbarkeit
Koeffizient der inhärenten Verfügbarkeit, KWG (KG) 0,98 eines Eisenbahnfahrzeugs berücksichtigt
Güterzuglokomotiven werden, z. B. für ein Betriebsjahr.
Koeffizient der technischen Verfügbarkeit, KTG (KTI) 0,95 Gemäß Bild 2 ergibt sich MUT aus nach-
Koeffizient der inhärenten Verfügbarkeit, KWG (KG) 0,97 stehender Gleichung:
Rangierlokomotiven
Koeffizient der technischen Verfügbarkeit, KTG (KTI) 0,95 MUT = IS + BS + EDS, (9)
Koeffizient der inhärenten Verfügbarkeit, KWG (KG) 0,97

4 ZEVrail  134 (2010) 11-12 November-Dezember
 Fahrzeuge l Rolling Stock

Bild 2: Zeitanteile, die in MUT und MDT bei der Berechnung der gesamten Verfügbarkeit enthalten sind

wobei IS (Idle State) den Leerlauf (be-
triebsfreier Bereitschaftszustand), BS
(Busy State) den Besetztzustand und
EDS (External Disabled State) die Un-
brauchbarkeit wegen externer Ursachen
bezeichnet.
Aus Bild 2 folgt weiterhin für MDT:
MDT = MDTCM + MDTPM + MDTLOG+AD , – operative oder logistische Verfügbar-
(10)
wobei MDTCM (Mean Down Time – Cor-
rective Maintenance) die mittlere Still-
standszeit wegen außerplanmäßigen
Instandhaltungsmaßnahmen, MDT PM
(Mean Down Time – Preventive Mainte-
nance) die mittlere Stillstandszeit wegen
planmäßigen Instandhaltungsmaßnah-
men und MDTLOG+AD (Mean Down Time
– Logistical and Administrative Delays)
die mittlere Stillstandszeit wegen logis-
tischen und administrativen Verzügen
bezeichnet.
Abhängig davon, welche mittleren Be-
triebsstillstandszeiten in MDT enthalten
sind, können folgende Verfügbarkeitska-
tegorien ausgegliedert werden:
– inhärente Verfügbarkeit Ai,
– technische Verfügbarkeit At und
keit Ao.
Die inhärente Verfügbarkeit wird aus der
Dauer der außerplanmäßigen Instand-
haltungsmaßnahmen berechnet, die an
einem Eisenbahnfahrzeug durchführt
werden.
Die inhärente Verfügbarkeit Ai entspricht
dem Verhältnis aus MUT im Beurteilungs-
zeitraum und der Summe von MUT und
der mittleren Stillstandszeit wegen au-
ßerplanmäßigen Instandhaltungsmaß-
nahmen MDTCM zur Behebung von Aus-
fällen im gleichen Beurteilungszeitraum:
MUT
Ai = . (11)
MUT + MDTCM
Dabei ist die Summe von MUT und MDTCM
gleich dem Zeitfonds im Beurteilungszeit-
raum, z. B. für ein Jahr (Bild 3):
MUT/Jahr + MDTCM/Jahr = 8760 h. (12)
Aus oben Gesagtem folgt, dass die in-
härente Verfügbarkeit für ein Jahr mit
folgender Gleichung berechnet werden
kann:
MDTCM/Jahr
Ai/Jahr = 1 − . (13)
8760 h

Bild 3: Zeitanteile, die in MUT und MDT bei der Berechnung der inhärenten Verfügbarkeit enthalten sind

ZEVrail  134 (2010) 11-12 November-Dezember 5
Fahrzeuge l Rolling Stock
In Bild 3 sind verschiedene Zeitanteile
dargestellt, die in MUT und MDT enthal-
ten sind (MDT umfasst nur MDTCM). Die
Zeitanteile müssen bei der Berechnung
der inhärenten Verfügbarkeit eines Ei-
senbahnfahrzeugs berücksichtigt werden,
z. B. für ein Betriebsjahr. Aus dem Bild
folgt, dass bei der Berechnung der inhä-
renten Verfügbarkeit MUT ≠ IS+BS+EDS
ist, weil MUT zusätzlich MDT PM und
MDTLOG+AD enthält [9].
MDTCM ergibt sich aus der Instandset-
zungszeit, bestehend aus dem Zeitbe-
darf für Fehlersuche, Reparatur oder
Austausch fehlerhafter Komponenten
und Test auf wiedererlangte Funktions-
fähigkeit.
Aus dem oben Gesagten wird deutlich,
dass die inhärente Verfügbarkeit eine aus
der Konstruktion analytisch zu ermitteln-
de Kenngröße ist, bei der als Unverfügbar-
keitsgründe nur Ausfall- und Instandhal-
tungsvorgänge und deren Zustandsgrö-
ßen betrachtet werden [10].
Die technische Verfügbarkeit enthält die
inhärente Verfügbarkeit durch MDTCM und
schließt zusätzlich die Dauer der planmä-
ßigen Instandhaltungen durch MDTPM ein.
Die technische Verfügbarkeit wird aus
der Dauer der außerplanmäßigen und
der planmäßigen Instandhaltungsmaß-
nahmen berechnet, die an einem Eisen-
bahnfahrzeug durchführt werden.
Die Instandhaltungsmaßnahmen an Ver-
schleißteilen (z. B. Reprofilierung der
Radscheiben, Wechsel von Bremsbelä-
gen) sind ebenfalls Gegenstand der tech-
Bild 4: Zeitanteile, die in MUT und MDT bei der Berechnung der technischen Verfügbarkeit enthalten sind
6 ZEVrail  134 (2010) 11-12 November-Dezember
nischen Verfügbarkeit. Entsprechend vor- In Bild 4 sind verschiedene Zeitantei-
liegenden Erfahrungswerten oder Berech- le dargestellt, die in MUT und MDT ent-
nungen zum Verschleißverhalten wird halten sind (MDT umfasst MDTCM und
die jeweilige Aktivität einem Instandhal- MDTPM). Die Zeitanteile müssen bei der
tungsintervall zugeordnet. Berechnung der technischen Verfügbar-
Die technische Verfügbarkeit At entspricht keit eines Eisenbahnfahrzeugs berück-
dem Verhältnis aus MUT im Beurtei- sichtigt werden, z. B. für ein Betriebs-
lungszeitraum und der Summe von MUT, jahr. Aus dem Bild folgt, dass bei der Be-
MDTCM und der mittleren Stillstandszeit rechnung der technischen Verfügbarkeit
wegen planmäßiger Instandhaltungsmaß- MUT ≠ IS+BS+EDS ist, weil MUT zu-
nahmen MDTPM im gleichen Beurteilungs- sätzlich MDTLOG+AD enthält [9].
zeitraum: Die technische Verfügbarkeit berücksich-
tigt die Instandhaltungsstrategie, welche
einen Einfluss auf die Instandhaltungs-
MUT
At = . (14) periode und auf die Stillstandszeit eines
MUT + MDTCM + MDTPM
Eisenbahnfahrzeugs wegen der Durch-
führung von Instandhaltungsmaßnah-
Dabei ist die Summe von MUT, MDTCM men hat.
und MDTPM gleich dem Zeitfonds im Be- Die operative oder logistische Verfügbar-
urteilungszeitraum, z. B. für ein Jahr keit wird aus der Dauer außerplanmäßi-
(Bild 4): ger und planmäßiger Instandhaltungs-
maßnahmen sowie der Dauer logistischer
MUT/Jahr + MDTCM/Jahr + MDTPM/Jahr = 8760 h. und administrativer Verzugszeiten der In-
(15) standhaltungsmaßnahmen, die an einem
Eisenbahnfahrzeug durchführt werden,
Aus dem oben Gesagten folgt, dass die berechnet.
technische Verfügbarkeit für ein Jahr fol- Diese Definition der Verfügbarkeit ent-
gendermaßen berechnet werden kann: hält z. B. Abstellzeiten vor und nach In-
standhaltungsmaßnahmen wie Lieferzei-
ten für Ersatzteile, Dauer von Rangier-
MDTCM/Jahr + MDTPM/Jahr
At/Jahr = 1 − arbeiten usw. [11]. Deshalb enthält die
8760 h
operative oder logistische Verfügbarkeit
MDTPM/Jahr Stillstandszeiten, die nur anhand der Be-
= Ai/Jahr − . (16)
8760 h triebsdaten abgeschätzt werden können,
weil sie von verschiedenen Faktoren be-
einflusst werden.
 Fahrzeuge l Rolling Stock

Bild 5: Zeitanteile, die in MUT und MDT bei der Berechnung der operativen oder logistischen Verfügbarkeit enthalten
sind

Die operative oder logistische Verfüg- logistischen Verfügbarkeit eines Eisen- keit maßgebend. Der Einfluss des Her-
barkeit Ao entspricht dem Verhältnis aus bahnfahrzeugs berücksichtigt werden. stellers nimmt jedoch von der inhärenten
MUT im Beurteilungszeitraum und der Außerdem ist Bild 5 zu entnehmen, zur operativen Verfügbarkeit spürbar ab,
Summe von MUT, MDTCM, MDTPM ein- dass bei der Berechnung der opera- da sich sein Gestaltungsspielraum auf Zu-
schließlich der administrativen und lo- tiven oder logistischen Verfügbarkeit verlässigkeit und Instandhaltungsbedarf
gistischen Verzugszeiten MDTLOG+AD wäh- MUT=IS+BS+EDS ist. unter vorausgesetzten Einsatz- und In-
rend der Instandhaltungsmaßnahmen im Der Hersteller trägt nur Verantwortung standhaltungsbedingungen beschränkt,
gleichen Beurteilungszeitraum: für die operative oder logistische Ver- die in der Realität nicht immer so anzu-
fügbarkeit und berechnet sie, wenn er in treffen sind [10].
MUT
Ao = . der Zukunft auch die Instandhaltung von Die in Bild 6 aufgeführten Werte verdeut-
MUT + MDTCM + MDTPM + MDTLOG+AD
neuen Eisenbahnfahrzeugen übernimmt. lichen die Relationen zwischen den Ver-
(17) Für den Betreiber ist die Verfügbarkeit die fügbarkeitskategorien und verkörpern an-
Hauptkenngröße, welche die Betriebsdau- nähernd die Erfahrungen aus der Praxis
Dabei ist die Summe von MUT, MDTCM, er des Fahrzeugs im Beurteilungszeitraum sowie den Einfluss des Herstellers und
MDTPM und MDTLOG+AD gleich dem Zeit- charakterisiert. des Betreibers auf die Verfügbarkeiten.
fonds im Beurteilungszeitraum (Bild 5): Die inhärente Verfügbarkeit wird zum
größten Teil vom Hersteller durch die kon-
MUT/Jahr + MDTCM/Jahr + MDTPM/Jahr + zeptionellen und technischen Lösungen 4 Beispielrechnung für den

MDTLOG+AD/Jahr = 87 760 h. (18)
während der Entwicklung und der Her- Vergleich der Methoden
stellung beeinflusst, die die Überlebens-
wahrscheinlichkeit und die Instandhalt- Zum Vergleich der in Abschnitt 2 und 3
Aus dem oben Gesagten folgt, dass die barkeit eines neuen Eisenbahnfahrzeugs betrachteten Methoden wird das folgen-
operative oder logistische Verfügbarkeit verbessern. de Beispiel mit statistischen Daten aus
für ein Jahr folgendermaßen berechnet Die technische Verfügbarkeit wird vom dem Betrieb eines Eisenbahnfahrzeugs
werden kann: Hersteller und dem Betreiber beeinflusst. für 30 Tage berechnet:
Der Betreiber (Transportdienstleister und – TZeitfonds =720 h,
Ao/Jahr = Instandhalter) kann durch möglichst kor- – TNP =MDTCM =10 h,
rekten Betrieb und optimierte Instand- – TPL =MDTPM =50 h.
MDTCM/Jahr + MDTPM/Jahr + MDTLOG+AD/Jahr
1− . haltungsstrategien (z. B. geeignete inf- Die Verfügbarkeiten werden nach den
87760 h
(19) rastrukturelle und logistische Vorausset- oben beschriebenen Bewertungsmetho-
zungen, Instandhaltungshäufigkeit, In- den wie folgt berechnet.
In Bild 5 sind verschiedene Zeitanteile standhaltungsdauer) die höheren Verfüg- 1) Berechnung der Koeffizienten der Ver-
dargestellt, die in MUT und MDT enthal- barkeitswerte eines Eisenbahnfahrzeugs fügbarkeiten nach der Methode der RZD:
ten sind (MDT umfasst MDTCM, MDTPM garantieren. 1a) Berechnung des Koeffizienten der in-
und MDTLOG+AD). Die Zeitanteile müssen Für die Erbringung der Transportleistung härenten Verfügbarkeit KWG:
bei der Berechnung der operativen oder ist letztendlich die operative Verfügbar-

ZEVrail  134 (2010) 11-12 November-Dezember 7
Fahrzeuge l Rolling Stock

und die Instandhaltbarkeit ver-

bessern, sowie durch die im Be-
trieb optimierten Instandhaltun-
gen höhere Verfügbarkeitswerte
für die Eisenbahnfahrzeuge er-
reicht werden.
Die Übereinstimmung der fest-
gelegten Anforderungen an ein
Eisenbahnfahrzeug mit den tat-
sächlich erreichten Koeffizienten
der Verfügbarkeit im Betrieb ist
eine hinreichende Bedingung für
die Entscheidung, ob ein neues
Eisenbahnfahrzeug den festge-
legten Zuverlässigkeitsanforde-
rungen entspricht [1].
Der Hersteller, der neue konkur-
Bild 6: Einfluss des Herstellers und des Betreibers auf die Verfügbarkeitskategorien und ihre Werte- renzfähige Eisenbahnfahrzeu-
bereiche ge produzieren will, muss deren
hohe Verfügbarkeit gewährleis-
Aus dem Beispiel wird deutlich, dass: ten. Der Betreiber, der seine Eisenbahn-
T − TNP − TPL
K WG = Zeitfonds – K WG=0,985<A i=0,986 (weil KWG fahrzeuge mit maximalem Gewinn betrei-
TZeitfonds − TPL
zusätzlich TPL berücksichtigt). In die- ben will, muss das hohe Niveau der Ver-
720 − 10 − 50 sem Fall sind die Methoden also un- fügbarkeit beibehalten. – A 260 –
= = 0, 985. (20) terschiedlich.
7220 − 50
– KTG=At=0,917. In diesem Fall werden (Indexstichworte: Eisenbahnfahrzeuge)
ähnliche Methoden zur Ermittlung der (Bildnachweis: 1 bis 6, Verfasser)
1b) Berechnung des Koeffizienten der Kenngröße angewendet.
technischen Verfügbarkeit KTG mit Die russischen Standards enthalten kei- Literatur
TRS=TZeitfonds – TNP – TPL: ne operative oder logistische Verfügbar- [1] Методические положения для расчёта
показателей безотказности и готовности
keit, deswegen kann dafür kein Vergleich локомотивов по результатам их эксплуа-
durchgeführt werden. тации. Введ. распоряжением ОАО «РЖД»
TRS TZeitfonds − TNP − TPL № 2367р, 12.11.08.
K TG = = In Verträgen zwischen russischen Her- Methode für die Verfügbarkeitsberechnun-
TRS + TNP + TPL TZeitfonds
stellern von Eisenbahnfahrzeugen und gen der Lokomotiven nach Betriebsda-
der RZD sind derzeit keine Sanktionen ten. Anordnung der RZD, Nr. 2367r, vom
720 − 10 − 50
= = 0, 917 . (21) 12.11.2008.
festgeschrieben für den Fall, dass die im [2] ГОСТ 27.002-89. Надежность в технике.
720
realen Betrieb erzielten Verfügbarkeits- Основные понятия, термины и опреде-
werte kleiner sind als die festgelegten. In ления. Введ. с 01.07.1990.
Staatlicher Standard GOST 27.002-89. Die
2) Berechnung der Verfügbarkeiten nach Westeuropa ist das schon eine feststehen- Zuverlässigkeit in der Technik. Die grund-
der Methode der UNIFE: de Bedingung, da in den Verträgen neben sätzlichen Begriffe, Termini und Definitio-
nen. Gültig ab 01.07.1990.
2a) Berechnung der inhärenten Verfüg- den Verfügbarkeiten auch Sanktionen für [3] Стандарт отрасли ОСТ 32.46-95. Тяговый
barkeit Ai: den Fall der Nichtübereinstimung festge- подвижной состав железнодорожного
schrieben werden. транспорта. Надежность. Термины и
определения. Введ. с 01.01.1996.
MDTCM 10 Standard der Branche OST 32.46-95. Die
Ai = 1 − = 1− = 0, 986. (22) Triebfahrzeuge der Eisenbahn. Zuverläs-
TZeitfonds 720
5 Fazit sigkeit. Die Termini und die Definitionen.
Gültig ab 01.01.1996.
[4] UNIFE. Guidelines for Life Cycle Cost, Vol-
2b) Berechnung der technischen Verfüg- Die realen Verfügbarkeitswerte im zu- ume 1, Terms and Definitions for Rolling
Stock. Edition 01.11.1997.
barkeit At: künftigen Betrieb können von den be- [5] IEC 60050-191. International Electrotech-
rechneten Werten abweichen, weil es nical Vocabulary – Chapter 191. Depend-
nicht möglich ist, die Betriebsbedingun- ability and quality of service. First edition
MDTCM + MDTPM 01.12.1990.
At = 1 − gen bei der Berechnung vollständig zu [6] DIN EN 50126. Deutsche Industrie-Normen.
TZeitfonds
erfassen. Jedoch können durch Maßnah- Bahnanwendungen – Spezifikation und
Nachweis der Zuverlässigkeit, Verfügbar-
10 + 50 men während der Entwicklung und der
keit, Instandhaltbarkeit und Sicherheit
= 1− = 0, 917. (23)
720 Herstellung, die die Funktionsfähigkeit

8 ZEVrail  134 (2010) 11-12 November-Dezember

(RAMS). Gültig ab 01.03.2000.
[7] Плохих И.В.: Сравнение российской и ев-
ропейской методик по оценке коэффи-
циентов готовности железнодорожного
подвижного состава. ВИНИТИ, Москва
2009.
Plokhikh, I.: Vergleich der russischen und
europäischen Methode für die Berechnung
der Verfügbarkeitswerte der Eisenbahn-
fahrzeuge. WINITI-Verlag, Moskau 2009.
[8] Киржнер Д.Л.; Бабков Ю.В.; Перминов В.А.:
Требования к показателям надежности
локомотивов и методические основы
их оценки по результатам эксплуатации.
Техника железных дорог 4 (2008), С. 46–
50.
Prof. Dr.-Ing. Rashid Zaynet­
dinov (56). Bis 1977 Studium
Eisenbahnwaggonbau an
der Uraler Staatlichen Uni-
versität für Verkehrswesen
(UrGUPS), seit 2005 Professor
am Fachbereich „Innovative
Techno­l ogie“ der Moskau-
er Staatlichen Universität für
Verkehrswesen (MIIT).
Anschrift: Moskauer Staatliche Universität für
Verkehrswesen (MIIT), Fachbereich „Innovati-
ve Technologie“, Obrazcova Str. 9, 127994 Mos-
kau, Russland.
E-Mail: zri7755@gmail.com
ZEVrail  134 (2010) 11-12 November-Dezember 9
Kirzhner, D. L.; Babkow, U. W.; Perminow,
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bahnen. 4 (2008) 4, S. 46–50.
[9] Плохих И.В.: Таблица сравнения понятий
и определений коэффициентов готов-
ности железнодорожного подвижного
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Москва 2009.
Plokhikh, I.: Vergleichstabelle der Definitio-
nen und Bestimmungen der Verfügbarkeit
der Eisenbahnfahrzeuge nach den euro-
päischen, internationalen und russischen
Prof. Dr.-Ing. Günter Löffler
(55). Bis 1980 Studium der
Schienenfahrzeugtechnik an
der Hochschule für Verkehrs-
wesen (HfV) „Friedrich List“,
Dresden. 1985 Promotion an
der HfV. Von 1984 bis 1990
bei Kranbau Kirow, Leipzig,
danach als wissenschaftli-
cher Mitarbeiter an der Hochschule für Technik
und Wirtschaft (HTW) Dresden und der Tech-
nischen Universität (TU) Dresden beschäftigt.
2000-2005 Geschäftsstellenleiter des „Innova-
tionszentrum Bahntechnik Sachsen (seit 2003
Bahntechnik Europa) e. V.“. 2005 Berufung auf die
Professur für Technik spurgeführter Fahrzeuge an
der TU Dresden.
Anschrift: TU Dresden, Institut Bahnfahrzeuge
und Bahntechnik, Fakultät Verkehrswissenschaf-
ten „Friedrich List“, Potthoff-Bau Hettnerstr. 1–3,
01062 Dresden, Deutschland.
E-Mail: Guenter.Loeffler@tu-dresden.de
Fahrzeuge l Rolling Stock
Standards. WINITI-Verlag, Moskau 2009.
[10] Eberlein, M.; Höfer, L.: Die Entwicklung von
Schienenfahrzeugen unter dem Aspekt
einer erhöhten Verfügbarkeit. Eisenbahn-
technische Rundschau 51 (2002) 3, S. 107–
116.
[11] Technical report CLC/TR 50126-3. Rail-
way applications – The specification and
demonstration of reliability, availability,
maintainability and safety (RAMS) – Part 3:
Guide to the application of EN 50126-1 for
rolling stock RAMS. – European Commit-
tee for Electrotechnical Standardization.
01.05.2006.
Dipl. -Ing. Ivan Plokhikh (25).
Bis 2007 Studium Schweiß-
technik und Schweißver-
fahren an der Moskauer
Staatlichen Universität für
Verkehrswesen (MIIT), seit
2007 Doktorand am Fachbe-
reich „Innovative Technolo-
gie“ an der MIIT.
Anschrift: Moskauer Staatliche Universität für
Verkehrswesen (MIIT), Fachbereich „Innovati-
ve Technologie“, Obrazcova Str. 9, 127994 Mos-
kau, Russland.
E-Mail: bonkomzumir@mail.ru